Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

Pfauenkrani<h. — Agami. 683

Straßen der Stadt frei umherlaufen. Vorübergehende warfen ihm Brot und dergleichen zu, und er hatte ſih auc an die mildthätigen Gaben ſo gewöhnt, daß er ſie förmlich beanſpruchte. Mit Hühnern oder Stelzvögeln vertragen ſih die Gefangenen vortrefflich; ihren Gebieter bewillfommnen ſie bei Gelegenheit dur ihre luſtigen Tänze. Jn den Tiergärten ziehen ſie die Beſucher lebhaft an, weil ſie in der Regel auch zu tanzen beginnen, wenn ſie Muſik vernehmen.

Alle gefangenen Pfauenkraniche, welche zu uns gelangen, werden jung aufgezogen, obgleich es vielleicht niht allzu ſ<wer ſein dürfte, auh alte auf den gewöhnlichen Schlafplägen zu berü>en. Die Jagd iſt ziemli<h ſchwierig, weil der Pfauenkranih überall ſehr ¡heu iſt. Er weicht dem Reiter oder einem Schiffe vorſichtig aus, ſieht überhaupt in allem Ungewohnten Gefahr. Wir mußten uns entſchließen, Erdhütten zu bauen, um uns der Pfauenkraniche zu bemächtigen; dieſe Hütten aber erwieſen ſi ihnen gegenüber immer nur wenige Tage als brauhbar, weil alle Geſellſchaften, aus deren Mitte ein oder zwei Stück gefallen waren, fortan die betreffende Fnſel mit den Hütten ſehr ſorgſam mieden. Ergiebig war der Anſtand unter den Sthlafpläßen; aber das Anſtehen in Afrika hat Schattenſeiten, an welche man, ohne ſie fennen gelernt zu haben, nicht denkt.

Die Trompetervögel (Psophiidae), welche die zweite Familie der Kranichartigen und eine glei<namige Gattung (Psophia) bilden, erſcheinen gewiſſermaßen als Verbindungsglieder zwiſchen den Sthlangenſtörchen und Kranichen. Jhr Leib iſt kräftig, der Hals mittellang, der Kopf mäßig groß, der Schnabel kurz gewölbt, auf dem Firſte gebogen, an der Spie herabgekrümmt, ſeitlih etwas zuſammengedrü>t, der Fuß hoh, langläufig und furzzehig, mit gebogenen, ſcharf zugeſpißten Krallen bewehrt, die äußere Zehe mit der mitleren dur eine furze Spannhaut verbunden, der Flügel, unter deſſen Schwingen die vierte die längſte, kurz und gewölbt, der Shwanz kurz und ſhwahfederig, das Kleid im übrigen ſehr großfederig, an Kopf und Hals ſamtig, auf der Unterſeite daunig.

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Beim Agami (Psophia crepitans, buccinator, leucoptera und viridis) find Kopf, Hals, Oberrüen, Flügel, Unterbruſt, Bauch und Steiß ſchwarz, die Federn am Buge purpurſhwarz, blau oder grünlih ſchillernd, die Ahſelfedern in der Jugend ölbraun, im Alter blei- oder ſilbergrau, Unterhals und Oberbruſt ſtahlblau, erzfarben ſchillernd. Das Auge iſt rotbraun, der na>te Augenring fleiſchfarben, der Schnabel grünlichweiß, der Fuß gelblih fleiſhfarben. Die Länge beträgt 52, die Fittihlänge 29, die Schwanzlänge 3 cm.

Südamerika nördlih des Amazonenſtromes iſt die Heimat des Agami; jenſeits des gewaltigen Stromes wird er dur< Verwandte vertreten. Ex lebt nur im Walde, hier aber überall und in zahlreihen Scharen, laut Shomburgk, in ſolchen von 100 — 200 Stü ZUſammen. Dieſe Herden ſchreiten, ſo lange ſie nicht geſtört werden, langſam und würdevoll einher und vergnügen ſih dur luſtige und lächerlihe Sprünge, können aber ſehr {nell laufen und ſind auch auf dieſe Bewegung angewieſen. „Jhre Flugkraft“/, ſagt Schomburgf, „iſt ſo ſhwach, daß, wenn die Herden einen irgend bedeutenden Fluß überfliegen, gewöhnlih mehrere das jenſeitige Ufer gar nicht erreichen können und in den Strom fallen, ſich dann aber durh Schwimmen retten.“ Vor dem Jäger flieht eine ſolche Herde ängſtlich dahin, aber freilih niemals weit in einem Zuge; denn die ſ<hwerfälligen Vögel ſeen ſich bald wieder auf den Boden nieder oder flattern zu niedrigen Äſten der Bäume empor und laſſen ſich von hier leicht herabſchießen. Erſchre>t, geben ſie ihre ſonderbare Stimme zu hören: