Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

Seriema: Verbreitung. Lebens3weiſe. Stimme. Nahrung. 687

erſcheinenden Geſchöpfes rühmen dürfen. Die Seriema iſ über einen großen Teil Südamerikas verbreitet und lebt in den großen, offenen Triften des inneren Braſilien, wo ſanfte, mit Gras bewahſene Höhen oder Ebenen mit einzelnen Geſträuchen abwe<ſeln. Man beobachtet ſie paar- oder nah der Brutzeit familienweiſe zu 3 oder 4 zuſammen, befommt ſie aber nur da zu ſehen, wo ſie ſi niht im Graſe verſte>en kann. Jhre Färbung fommt ihr, laut Burmeiſter, in den dürren Steppen ſehr zu ſtatten. Sie dut ſich, wenn ſie Geräuſch hört, hebt nur dann und wann den Kopf ein wenig und läuft hierauf raſch zwiſchen den Halmen fort, ohne ſi zu zeigen. „Obgleich ih den Vogel täglich in den Campos gehört habe und namentlih auf meinem Lager in früher Morgendämmerung, habe ih ihn doh nie zu Geſichte bekommen. Dicht neben mir hörte ih oftmals einen Ton, und wenn ih hinritt, war alles ſtill, kein Halm, viel weniger ein Vogel regte ſich.“ Auch der argentiniſhe Verwandte, „Tſchunja“ genannt, läßt ſi öfter hören als ſehen; doh gelang es Burmeiſter, ſeiner zweimal anſichtig zu werden. Der Prinz von Wied ſagt, daß der Lauf dem eines Truthahnes ähnele; Burmeiſter fügt dem hinzu, daß er ſchneller dahinrenne, als ein Pferd zu traben vermöge, und nur im Galopp eingeholt werden könne. A. von Homeyer bemerkt, daß der laufende Vogel ſi vorn ſehr überbiegt und daß der Leib wie der zuſammengelegte Schwanz eine wagerehte Haltung annehmen. Die Flügel werden dabei dicht angelegt, niht gelo>ert. Fn der Nuhe iſt der Hals eingezogen, der Vorderteil des Leibes erhoben und der Schwanz geneigt. Während des Tages ſieht man die Seriema ſelten ruhig; ſie ſteht, geht oder läuft beſtändig umher und gibt ſih niemals einer Träumerei hin, wie der Kranich es oft thut. Die Braſilier erzählten dem Prinzen von Wied, daß man die Vögel zuweilen auch auf der Spiße eines Strauches oder eines mäßig hohen Baumes ſiven ſähe, daß ſie ſi jedoh, ſobald Gefahr nahe, ſofort auf die Erde herab begäben, und ſi< nur durc Laufen, niht dur Fliegen, vor einem Verfolger zu retten ſuchten. A. von Homeyer beobachtete, daß die Seriema die Nacht ſtets auf einem Baume, niemals auf der Erde zubrachte, beim Bäumen ſich ungeſchi>t zeigte und oft lange Zeit brauchte, bevor ſie ihren beſtimmten Plag erreicht hatte. Auf dieſem zog ſie dann die Beine und den Hals ein und verbrahte ſo die Nacht in kauernder Stellung. Auch Burmeiſter ſagt, daß ſie die Nacht in den Kronen mäßig hoher Bäume verbringe. Fn der Freiheit wie in der Gefangenſchaft vernimmt man oft die laute, weithinſchallende Stimme. Sie klingt, nah Vurmeiſters Meinung, wie das Gebelfer und Gefkläff eines jungen Hundes, nah Homeyers Angabe raubvogelſtimmig und ungemein kreiſchend. Auch der ſchreiende Vogel ſit am liebſten etwas erhöht, ſchreit wenigſtens, ſo lange er auf dem Boden umherläuft/ minder laut und anhaltend. „Springt die Seriema auf einen ihrer Baumſtümpfe, ſo mögen ſich alle Nervenſhwache möglichſt weit entfernen; denn es beginnt jetzt im wahren Sinne des Wortes ein Schreikonzert. Beim erſten Teile nimmt der Muſiker eine aufrechte Haltung an, ſieht gen Himmel und ſchreit mit ſehr heller, gellender Stimme überraſchend laut: „ha hahahahi hihihi hiel hiel hi-el‘ worauf eine kleine Pauſe von 4—5 Sekunden eintritt und ſodann ein kurzer Nachruf ungefähr wie hat‘ klingend, erfolgt. Beim Ausſtoßen jeder einzelnen Silbe wird der Kopf we<hſelweiſe eingezogen und gehoben, wodur< eine eigentümliche Bewegung des Vorderteiles entſteht; dann wird der Kopf vollkommen hintergeworfen und der zweite Teil herausgeſchrieen. Dieſer beginnt noch viel lauter als der erſte, klingt ungefähr: „hahiel hahiel hiel il ilf ilk ilf a> und endet, nah und nah ſ{wächer werdend. Zuweilen ſchreit der Vogel eine halbe Stunde lang.“

Die Nahrung beſteht vornehmlih in den Kerbtieren der Campos; doch vertilgt die Seriema auch viele Schlangen, Eidechſen und dergleichen. Jn den Augen der Braſilier iſt ſie deshalb cin allgemein geactetes Tier, und das Geſehß verbietet, ſie zu töten. Der Prinz von Wied fand ihren Magen gänzlih mit Heuſchre>en vollgepſropft; Burmeiſter gibt auch