Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

692 Sechſte Ordnung: Kranichvögel; fünfte Familie: Rallenkraniche.

und erhöhten ſeine Seitenwände. Eines Morgens brachte der Wärter die Bruchſtüce eines Eies, die er am Boden unter dem Neſte gefunden hatte und der Sonnenralle zuſchrieb. Bartlett fand zu ſeiner Überraſchung, daß ſie den Eiern eines Teichhuhnes oder der Waldſ<nepfe ähnli<h waren, und glaubte, weil ein Purpurhuhn mit jenem in demſelben Käfige lebte, die Richtigkeit der Ausſage des Wärters bezweifeln zu können, nahm jedo< das Purpurhuhn weg und überließ die Sonnenrallen ſi ſelbſt. Anfang Juni lenkte der Wärter die Aufmerkſamkeit ſeines Vorgeſeßten auf ein anderes Ei, das im Neſte lag; Bartlett beſichtigte es und ſah, daß es mit jenen Stücken durchaus übereinſtimmte. Beide Alten zeigten ſi ſehr beſorgt um das Ei und brüteten abwe<ſelnd 27 Tage lang. Am 9. Juni ſchlüpfte das Junge aus; am folgenden Tage wurde es beſichtigt und eine Zeihnung von ihm genommen. Es blieb im Neſte ſigen und wurde abwechſelnd von beiden Eltern mit Kerbtieren und kleinen lebenden Fiſchen geaßt, und zwar ganz in derſelben Weiſe wie junge Jbiſſe. Am zweiten Tage ſeines Lebens war es ſo weit flügge, daß es bis auf den Boden herabflattern konnte, und nunmehr blieb es hier, ohne jemals ins Neſt zurückzukehren. Sein Wachstum geſchah ſo ſ<hnell, daß es bereits nah 2 Monaten von den Alten niht mehx unterſchieden werden konnte. Jm Auguſt begannen die alten Vögel das Neſt wieder herzurichten, indem ſie eine friſhe Schicht von Schlamm und Lehm auftrugen; Ende Auguſt legte das Weibchen ein anderes Ei. Diesmal unterzog ſi< das Männchen dem Geſchäfte der Bebrütung mit größerer Sorgfalt und regerem Eifer als ſeine Gattin, die immer no< mit der Ernährung des erſten Jungen zu thun hatte. Am 28. September entſchlüpfte das zweite Junge. Doch ſchienen nunmehr beide Alten dem erſten größere Sorgfalt als dem Nachgeborenen zuzuwenden, ſo daß der Wärter, fürchtend, der kleine Burſche möge unter der Vernachläſſigung leiden, zu Hilfe kommen mußte. Der Neſtling gewöhnte ſih au< bald an den menſchlichen Pflegevater, und es gelang, ihn ebenfalls groß zu ziehen. Aus der von Bartlett gegebenen Abbildung erſicht man, daß das Daunenkleid auf der Oberſeite braunroſtfarben und gelblihweiß längs und quer geſtreift und gefle>, auf der Unterſeite hingegen bis auf wenige weiße und braune mondförmige Fle>en einfarbig iſt.

Ein auf Neucaledonien heimiſcher Vogel, der Kagu (Rhinochetus jubatus), bildet als einzige Art die Gattung der Rallenkraniche (Rhinochetus) und die gleichnamige Familie (Rhinochetidae). Seine Geſtalt iſt gedrungen, ſein gerader Schnabel mäßig lang. Jederſeits des Schnabels liegt in einer tiefen Furche eine kurze, nah vorn ſi öffnende Hornröhre, in welcher das Naſenloch gelegen iſt. Der Lauf iſt di> und erreiht nahezu die zweifache Länge der Mittelzehe; die Vorderzehen ſind geſpalten, die urze Hinterzehe iſt hoh eingelenkt. Sein weiches Gefieder, das am Hinterkopfe aus langen, zerſ{hliſſenen Federn gebildet wird, iſt grau, am Unterkörper hell roſtbraun. Der am Grunde grüne Schwanz iſt an der Spitze rotbraun, die Schwingen zeigen ſhwarze und weiße, ſhwarz marmorierte, zum Teil ſ{hwach roſtbraune Querbinden.

Der Kagu führt eine nächtliche Lebensweiſe und nährt ſi< nur von Tieren, insbeſondere von Schne>ken und Würmern.