Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

62 Erſte Ordnung: Baumvögel; neununddreißigſte Familie: Eisvögel,

von dem indiſchen, daß er ſo lange unter Waſſer bliebe, bis die unter ſeinem Sturze erregten Waſſerringe ſih geglättet hätten; Ferdon bezweifelt dieſe Angabe, und ih muß Jerdon vollſtändig re<t geben: denn ih glaube niht, daß der Stoßfiſcher jemals länger als 15—20 Sekunden unter dem Waſſer verweilt. Gar nicht ſelten ſchießt dieſer übrigens auh während ſeines Fluges, alſo unter einem ſehr geringen Winkel, ins Waſſer und erhebt ſi<h dann ſo ſchnell wieder, daß es ausſicht, als ob ex von dem Spiegel abgeprallt wäre. Ferdon behauptet, daß er niemals einen geſehen habe, der ohne Beute aus dem Waſſer gekommen ſei; ih darf verſichern, daß dies doh ſehr oft geſchieht. Es iſt wahrſcheinli<h und au< ſehr erklärlih, daß der Graufiſcher geſchi>ter iſt als unſer Eisvogel; demungeachtet fehlt er oft: denn auch er täuſcht ſih über die Tiefe, in welcher ein von ihm geſehener Fiſh dahinſhwimmt. War er im Fange glü>li<h, jo fliegt er ſofort ſeinem gewöhnlichen Sigzorte zu und verſchlingt hier die gemachte Beute, oft erſt nachdem er ſie wiederholt gegen den Af geſchlagen hat, wie dies andere ſeiner Verwandtſchaft zu thun pflegen. Wenn er niht zum Jagen ausfliegt, ſtreicht er mit gleihmäßigem Flügelſchlage ziemlih niedrig über dem Waſſer weg, möglichſt in gerader Linie einem zweiten Sißorte zu, in deſſen Nähe er ſih plöglih aufſ<hwingt. Am Tage iſt er gewöhnli<h ſtill, gegen Abend wird er lebendiger, zeigt ſogar eine gewiſſe Spielluſt, und dann vernimmt man auch oft ſeine Stimme, einen lauten, ſchrillenden, oft wiederholten Schrei, den i<h mit Buchſtaben niht ausdrü>en kann.

Bei hohem Nilſtande ſieht ſi< der Stoßfiſcher genötigt, ſeinen geliebten Strom zu verlaſſen; denn deſſen Waſſer pflegt dann ſo trübe zu ſein, daß er keinen Fiſh mehr wahrnehmen kann. Die vielen Kanäle Ägyptens gewähren ihm übrigens unter ſolchen Umſtänden genügenden Erſaß. Fn ihnen iſt das Waſſer ſchon einigermaßen geklärt und der Fiſchfang demgemäß ſo ergiebig wie ſonſt irgendwo. - Hieraus erïläre ih mir auch, daß der Vogel in dem tanalreichen Delta viel häufiger iſt als in Oberägypten oder in Nubien, wo er ſi< mehr oder weniger auf den Strom beſchränken muß. Durch Triſtram erfahren wir, daß der Graufiſcher auh an den Seeküſten geſehen wird und zwar zu Dußenden „etwa 100 m vom Lande über dem Waſſer rüttelnd“. Jn den Monaten November und Dezember ſah ihn genannter Forſcher in „unſchäßbarer Anzahl“ längs der Küſte Paläſtinas, bald fiſchend, bald auf den Felſen ſißend. Pechuel-Loeſche bemerkte ihn in Weſtafrika mehrfah vor Flußmündungen und über ſtillen Baien an Küſtenſtrihen, wo Mangrovenbeſtände ſich faſt bis zum Strande ausdehnten.

Die Brutzeit beginnt in Ägypten, wenn der Nil annähernd ſeinen tiefſten Stand erreiht hat, alſo im März oder im April. Adams hat Neſter im Dezember gefunden, wahrſcheinlih an einer Örtlichkeit, auf welche der Nilſtand wenig Einfluß üben konnte. Jh habe nur einmal ein Ei erhalten, das mir als das unſeres Vogels bezeihnet wurde, bezweifle aber jezt, nahdem ih Triſtrams Mitteilungen geleſen habe, die Richtigkeit der Angabe. Leßtgenannter Forſcher beobachtete, daß der Graufiſcher in Paläſtina förmliche Brutanſiedelungen bildet. Eine dieſer Siedelungen befand ſich in einer ſteilen Erdwand an der Mündung des Mudawarahbaches in den See Genezareth. Die Eingänge zu den Höhlen waren nux etwa 10 cm über dem Waſſerſpiegel eingegraben und konnten bloß ſ{<hwimmend erreiht werden. Jede Röhre führte etwa 1 m in die Tiefe und erweiterte ſih ſeitlich zu einer einfachen Höhlung. Jn keiner einzigen fanden ſih Fiſhgräten zwiſchen den Eiern, wohl aber bemerkte man, wenn das Neſt Junge enthielt, einen verweſenden Haufen von Fiſchknochen und Unrat in ihm. Ein aus Gras und Unkraut beſtehender Haufe diente als Neſtunterlage. Bartlett nahm am 28. April 4 und 6 Eier aus zwei Neſtern; Triſtram fand, als ex am 22. Mai dieſelbe Siedelung beſuchte, eine große Anzahl ausgefſlogener Jungen, viele noh niht ausgewacſene in den Höhlen, aber auh no fünf Neſter mit friſchen