Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

456 Zehnte Ordnung: Stoßvögel; erſte Familie: Falkenvögel.

zart und unkräftig, der Fuß ſ{<hwa<h, die Mittelzehe faſt ebenſo lang wie der Lauf, der Fang mit mittellangen, ſ{hwa< gebogenen Klauen bewehrt. Jm Fittiche überragt die dritte Schwinge alle übrigen; die zweite iſt länger als die vierte, die ſechſte länger als die erſte. Im Schwanze ſind die ſeitlihen Federn nur zwei Drittel ſo lang wie die äußeren. Das reiche Gefieder beſteht aus großen und langen Federn, die ſi<h im Na>en und am Hinterhalſe no< mehr verlängern, zugleih au< verſhmälern und zuſpißen. Geſicht und Kopf bleiben unbefiedert. Ein {mußiges Weiß, das in der Hals- und Oberbruſtgegend mehr oder weniger in das Dunkelgelbe ſpielt, auf Nücken und Bauch aber reiner wird, herrſcht vor; die Handſchwingen ſind ſ{<hwarz, die Schulterfedern gräulih. Der Augenſtern ijt rotbraun oder licht erzgelb, der Schnabel an der Spite hornblau, im übrigen wie die na>ten Kopfteile und der Kropffle>en lebhaft orangegelb, die Kehlhaut etwas lichter als der Unter\{<nabelrand. Bei jungen Vögeln ſind Schultern und Oberflügelde>federn, ein Streifen über die Mitte der Unterbruſt und des Bauches, Krauſe, Bürzel, Steiß und Steuerfederenden ſtahlgrau, Hinter- und Vorderhals, Bruſt, Bauchſeiten und Schwingen aber {<warzbraun, die Federn der Schenkel grau und ſhwarz geſche>t, die wolligen der Krauſe grau, die des Seitenhalſes braun geſchaftet und geſpißt, die Steuerfedern gänſegrau, Geſicht, Wachshaut und Kopf aſchgrau. Das Auge iſt dunkelbraun, der Schnabel {<hwarz, der Fuß lichtgrau wie bei den Alten. Die Länge des Weibchens beträgt 70, die Breite 160, die Fittihlänge 50, die Shwanzlänge 26 cm.

Der Schmußtgeier wird unter den deutſchen Vögeln mit aufgezählt, weil er einige Male in unſerem Vaterlande erlegt worden iſt. Häufiger kommt er in der Schweiz vor, wie ſchon der alte Gesner angibt; in der Nähe von Genf hat ſogar ein Paar gehorſtet. Weiter nah Süden hin tritt er in größerer Menge auf. Jm Süden von Frankreich iſt er zwar noh niht anſäſſig, als Beſuchs8vogel aber do<h niht allzu ſelten, in Ftalien auf das Vorgebirge Argentaro und die Nähe von Nizza beſhränkt auffallenderweiſe aber in Sardinien, dem bevorzugten Wohngebiete anderer Geier, nicht ſeßhaft, in Spanien ein überall vorkommender, wenn auh niht gerade häufiger Vogel, in Griechenland und auf der Balkanhalbinſel überhaupt allgemein verbreitet. Hier erſcheint er, laut Krüper, mehr oder weniger regelmäßig an den erſten Frühlingstagen, weshalb die Hirten den Beginn des Frühlings von ſeiner Ankunft an zu berehnen pflegen, ebenſo wie ſie ihn das „Pferd des Ku>ku>s“ nennen, weil ſie glauben, daß der leßtere auf ſeinem Rüden die Winterreiſe zurü>legen ſoll. Ausnahmsweiſe läßt ſich einer bereits am 12. März im Lande ſehen, und ebenſo kann es vorkommen, daß man ſie erſt zu Ende des Monats oder ſelbſt Anfang April bemerkt. Von dieſer Zeit an verweilt er im Lande bis zum September oder Oktober, um ſeine Winterreiſe anzutreten. Auf den Kykladen bleibt der eine oder andere während des Winters wohnen, und ebenſo iſt es in Spanien, woſelbſt wir unſeren Geier no< im November und Dezember in Andaluſien und im Januar in der Umgegend von Toledo beobachteten. Die Krim und Südrußland, woſelbſt er ebenfalls horſtet, pflegt er im Winter zu vexlaſſen; in Afrika, vielleicht mit alleiniger Ausnahme der weſtlichen Küſtenländer, und einem großen Teile Weſt- und Südaſiens dagegen iſt er entſchiedener Standvogel. Von Mittelägypten an ſüdli<h wird er häufig, in Nubien iſt er einer der gemeinſten Raubvögel. Dasſelbe gilt für Mittel- und Südaſrika, jedo< unter Maßgabe, daß der Schmutgeier als entſchiedener Freund morgenländiſchen Getriebes betrachtet werden muß. So häufig er ſi allerorten findet, wo der Morgenländer im weiteſten Sinne des Wortes ſih angeſiedelt hat, ſo einzeln tritt er in anderen Gegenden auf. Er bewohnt in der That ganz Afrika, von der Nordgrenze an bis zum äußerſten Süden, vielleicht mit alleiniger Ausnahme der Küſtengebiete des Weſtens, woſelbſt er bisher nur auf den Fnſeln des Grünen Vorgebirges beobachtet wurde, iſt jedo< niht allein in den Küſtenländern des