Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

500 Zehnte Drdnung: Stoßvögel; vierte Familie: Reiher.

hüpfen geſchi>t von einem Aſte zum anderen, mehr und mehr dem Wipfel zu, und plößlich erhebt ſih auf einen quakenden Lockruf hin die ganze Schar und fliegt nun dem erſten beſten Sumpfe zu, um hier ihr Tag- oder richtiger Nachtwerk zu beginnen. Eine Geſellſchaft ſcheint ſih der anderen anzuſchließen, und ſo kann es geſchehen, daß man, wenigſtens zur eigentlichen Zugzeit, Tauſende dahinfliegen ſieht, ohne es ſi erklären zu können, woher dieſe alle gekommen. Ein ſolhes Schauſpiel genießt man übrigens nicht bloß in Ägypten, ſondern auh weiter im Fnneren Afrikas; denn bis zu den Wäldern am Blauen und Weißen cil hinauf reiſen die nächtlichen Geſellen, deren wahre Heimat der Südoſten Europas iſt.

Der Nachtreiher, Quak- oder Schildreiher, Nachtrabe, Foe (Nycticorax griseus, europaeus, badius, meridionalis, ardeola und gardeni, Ardea nycticorax, grisea, australasiae, obscura, ferruginea und naevia, Botaurus naeyius, Nyctiardea europaea, Scotaeus nycticorax) unterſcheidet ſih dur ſeine gedrungene Geſtalt, den furzen, diden, hinten ſehr breiten, auf dem Firſte gebogenen Schnabel die mittelhohen, ſtarken Füße, die ſehr breiten Shwingen und das reihli<he, mit Ausnahme von drei fadenförmigen Shmuckfedern am Hinterkopfe, nirgends verlängerte Gefieder von den anderen Reihern, gilt daher als Urbild einer beſonderen Gattung (Nycticorax). Beim alten Vogel ſind Oberkopf, Nacken, Oberrücken und Schultern grünlichſhwarz, die übrigen Oberteile und die Halsſeiten aſchgrau, die Unterteile blaß ſtrohgelb, die drei langen Shmu>federn weiß, ſelten teilweiſe ſ<warz. Das Auge iſt prachtvoll purpurrot, der Schnabel ſchwarz, an der Wurzel gelb, die na>te Kopſſtelle grün, der Fuß grüngelb. Bei den Jungen iſt das Obergefieder auf braunem Grunde roſtgelb und gelblihweiß in die Länge gefle>t, der Hals auf gelbem, der Unterleib auf weißlihem Grunde braun gefle>t; der Zopf fehlt, und der Augenſtern ſieht braun aus. Die Länge beträgt 60, die Breite 108, die Fittichlänge 30, die Schwanzlänge 11 em.

Auch der Nachtreiher iſt weit verbreitet. Er bewohnt Holland noh immer ziemlich zahlreich, Deutſchland einzeln und nicht regelmäßig, die Donautiefländer und geeignete Gegenden ums Schwarze und Kaſpiſhe Meer maſſenhaft, kommt in Ftalien, Südfrankreich und Spanien vor, wandert allwinterlih dur< ganz Afrika, tritt ebenſo in Paläſtina, im öſtlichen Mittelaſien, China, Jndien und auf den Sunda-Fnſeln als Brutvogel auf, fehlt endlih auch dem größten Teile Nord-, Mittel- und Südamerikas niht und iſt einzig und allein in Auſtralien no< niht gefunden worden. Jm Norden erſcheint er Ende April oder Anfang Mai; ſeinen Rüczug tritt er im September oder Oktober wieder an.

Die Gegend, in welcher es dem Nachtreiher gefallen foll, muß reih an Bäumen fein; denn auf dieſen ſchläft er, und ihrer bedarf er zum Brüten. Sümpfe, in deren Nähe es keine Waldungen oder Bäume gibt, beherbergen ihn nicht oder doh nur unregelmäßig und ſtets bloß auf kurze Zeit, waſſerreiche Niederungen aber, denen es wenigſtens an einer geſ<hüßten Baumgruppe nicht fehlt, oft in unglaublicher Menge. Es iſt niht gerade nötig, daß ein ſolcher S<hlafplay nahe am Sumpfe liegt; denn es fit den Vogel wenig an, wenn er allnächtlich eine große Stre>e durhfliegen muß, um von dem Nuheorte aus ſein Jagdgebiet zu erreihen und wiederum nah jenem zurü>zukehren.

tit Ausnahme der Brutzeit verbringt er den ganzen Tag ſchlafend oder ruhend, und erſt mit Einbruch der wirklihen Dämmerung tritt er ſeine Streifereien und Jagdzüge an. Seine Bewegungen unterſcheiden ihn in mancher Hinſicht von anderen Reihern. Der Gang zeichnet ſih durch die furzen Schritte, der Flug dur verhältnismäßig ſnelle, aber vollkommen geräuſchloſe, oft wiederholte Flügelſhläge und nur kurzes Gleiten aus. Gewöhnlich ſieht man das nächtliche Heer in einer bedeutenden Höhe, ſtets in regellos geordneten Haufen dahinziehen, da, wo er häufig iſt, oft auf weithin den Nachthimmel erfüllend. Fn der Nähe der Sümpfe angekommen, ſenkt ſi die Geſellſhaft mehr und mehr hinab, und