Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

594 ‘Zehnte Ordnung: Stoßvögel; achte Familie: Jbiſſe.

ausgebildete Kerbtiere, insbeſondere Heuſchre>en, Libellen, Käfer 2c. die Hauptnahrung auszumachen; im Winter erbeutet er Muſcheln, Würmer, Fiſhchen, kleine Lure und andere Waſſertiere.

An der Donau niſten die Sichler in buſchreihen Sümpfen und Brüchen. Mit Vorliebe bemächtigen ſie ſih alter Neſter der kleinen Reiher, polſtern ſie höchſtens mit Stroh des Kolbenſchilfes aus und machen ſie dadurch ſhon von weitem kenntlih. Fhre 3 —(4 blaugrünen Eier ſind länglich, dur<ſ<hnittli<h etwa 50 mm lang, 38 mm di> und ſtarkſchalig; die Färbung iſt ein ſhönes Blaugrün, das zuweilen ins Blaßgrüne überſpielt. Ob beide Geſchlehter abwechſelnd brüten, oder ob nur das Weibchen Mutterpflichten übt, iſt unbekannt. Die Fungen werden fleißig geabt, ſiven lange im Neſte, klettern ſpäter oft auf die Zweige und fliegen endlih unter Führung der Alten aus.

Gefangene Sichler dauern vortrefflih aus, vertragen ſi< mit allerlei Geflügel, werden ungemein zahm und ſchreiten im Käfige auh wohl zur Fortpflanzung.

CS

Jn dem Nilſtrome erkannte das ſinnige Volk der Pharaonen den Bringer und Erhalter alles Lebens; daher mußte auch der mit den ſ{<wellenden Fluten in Ägyptenland erſcheinende Zbis zu hoher Achtung und Ehre gelangen. Alſo heiligte man den Vogel und ſorgte dafür, daß ſein vergänglicher Leib der Verweſung enthoben und für Jahrtauſende aufbewahrt werde. Fn einer der Pyramiden von Sakhara findet man die von Urnen umſchloſſenen oder au< in Kammern ſchihtenweiſe aufgeſtapelten Mumien des Vogels zu Tauſenden.

Der Ruhm des Fbis wurde niht bloß von den Ägyptern, ſondern auch von Fremden, die das Wunderland beſuchten, verkündet. Herodot erzählt, daß der Jbis Drachen, fliegenden Schlangen und anderem Ungeziefer Ägyptens auflauere, ſie töte und deshalb bei den Bewohnern des Landes in hohen Ehren gehalten werde. Nach anderen Schriftſtellern ſoll Merkur die Geſtalt des Jbis angenommen haben. Ovid läßt jenen im Streite der Götter mit den Rieſen ſi< unter den Flügeln eines Fbis verbergen. Plinius erwähnt, daß die Ägypter bei Ankunft der Schlangen andächtig den Jbis anriefen; Joſephus berihtet, daß Moſes, als er gegen die Äthiopier zu Felde gezogen, Jbiſſe in Käfigen aus Papyrus mit ſi<h genommen habe, um ſie den Schlangen entgegenzuſtellen. Plinius und Galen ſchreiben dem Jbis die Erfindung des Klyſtieres zu; Pieräus erzählt daß der Baſilisk aus einem Jbiseie hervorkomme, das von dem Gifte aller vom Jbis verzehrten Schlangen entſtehe. Krokodile oder Schlangen, von einer Jbisfeder berührt, bleiben dur< Verzauberung unbeweglih oder werden augenbli>li<h getötet. Zoroaſter, Demotritos und Philo fügen hinzu, daß das Leben des göttlichen Vogels von außerordentlih langer Dauer, ja daß der Jbis ſogar unſterblih ſei, und ſtüßen ſi<h dabei auf die Zeugniſſe der Prieſter von Hermopolis, die dem Apion einen Jbis vorgezeigt haben, der ſo alt war, daß er niht mehr ſterben konnte! Die Nahrung des Jbis, wird ferner und in viel ſpäterer Zeit wieder erzählt, beſteht in Schlangen und kriechenden Tieren. „Er hat“, bemerkt Belon, „tine ſehr heftige Begierde nah Schlangenfleiſh und überhaupt einen Widerwillen gegen alle kriehenden Tiere, mit welchen ex den blutigſten Krieg führt, und die er au<, wenn er geſättigt iſt, doh immer zu töten ſuht.“ Diodor von Sicilien behauptet, daß der Jbis Tag und Nacht am Ufer des Waſſers wandele, auf die kriehenden Tiere lauere, ihre Eier aufſuche und nebenbei Käfer und Heuſchre>en auftreibe. Nah anderen Schriftſtellern ſoll er ſein Neſt auf Palmenbäumen bauen und es mitten zwiſchen den ſtehenden Blättern anbringen, um es gegen den Angriff ſeiner Feinde, der Katen, in Sicherheit zu ſeßen. Er ſoll 4 Eier legen und ſih bei deren Anzahl nah dem Monde richten, „ad lunae rationem