Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Flamingo: Bewegungen. Begabung. Stimme. Nahrung. Fortpflanzung. 547

„Krak“, abwechſelt. Wenn man die Vögel hört, ohne ſie zu ſehen, z. B. bei Nebel, kann man ſi vollſtändig der Täuſchung hingeben, in der Nähe einer großen Gänſeherde zu ſein.

Der Flamingo lebt von kleinen Waſſertierchen, insbeſondere von einſchaligen Muſeln, die er dur Gründeln gewinnt, Würmern verſchiedener Art, Krebſen, fleinen Fiſchchen und gewiſſen Pflanzenſtoffen. Gefangene können mit gekochtem Reis, eingequelltem Weizen, Gerſtenſchrot, eingeweihtem Brot und Teichlinſen längere Zeit erhalten werden, bedürfen jedo<, um ſi wohl zu befinden, einen Zuſaß von tieriſchen Stoffen. Bei derartig gemiſchter Nahrung halten ſie, einmal eingewöhnt, viele Fahre in der Gefangenſchaft aus. Es verdient bemerkt zu werden, daß ihr Gefieder den zarten Roſenhauch verliert, wenn man ihnen längere Zeit ausſ\{ließli<h Pflanzennahrung reicht, wogegen ſie ihre volle Schönheit zurü>erhalten, wenn man die Futtermiſchung der von ihnen ſelbſt während des Freilebens geſuchten Nahrung möglichſt entſprehend wählt.

Über die Fortpflanzung des Flamingos und ſeiner Verwandten ſind wir immer noch niht genügend unterrichtet. Labat gab zuerſt eine ſonderbare Schilderung der brütenden Vögel; Dampier beſtätigte ſie; die ſpäteren Forſcher ſchrieben ſie nah, ohne an ihrer Wahrheit zu zweifeln. „Die Flamingos“, gibt Dampier an, „bauen ihr Neſt in Sümpfen, in welchen es viel Kot gibt, indem ſie dieſen mit den Füßen zuſammenhäufen und kleine Erhöhungen bilden, die Jnſelchen gleihen und ſih anderthalb Fuß über das Waſſer erheben. Dieſe Hügel ſind kegelförmig und enthalten oben auf dem Gipfel die Niſtmulde.“ Labat ſagt, ſie ſeien feſt, ſoweit ſie im Waſſer ſtehen, oben aber hohl wie ein Topf. „Wenn ſie legen oder brüten, ſo ſigen ſie aufre<t, nicht auf dem Hügel, ſondern ganz daneben, mit den Füßen auf dem Grunde und im Waſſer, indem ſie ſih an ihren Kegel anlehnen und ihr Neſt mit ihrem Shwanze bede>en.“ Auch Pallas drückt ſih dahin aus, daß ſie an den Hügel hinantreten und ſo die Eier bede>en, ſagt aber niht, ob er aus eigner Anſchauung ſpriht oder Vorſtehendes einfah wiederholt. Naumann bezweifelte dieſe Angaben auf das entſchiedenſte, und ih bin dur<h meine Beobachtungen an lebenden Vögeln zu demſelben Ergebniſſe gekommen, obgleich ih niht ſo glü>li< war, jemals einen Flamingo beim Brüten zu ſehen, und eben nur behaupten kann, daß der Vogel am Menſalehſee in Ägypten brütet, weil ih, und zwar im Mai, in dem Legſchlauche eines getöteten Weibchens ein vollkommen reifes Ei gefunden habe. Gegen die kegelförmige Geſtalt der im Waſſer ſtehenden Neſter laſſen ſich, den übereinſtimmenden Angaben früherer und ſpäterer Reiſenden gegenüber, kaum Zweifel erheben, wohl aber gegen die beſchriebene Art der Bebrütung. Das Thatſähliche rü>ſihtli< des Brutgeſchäftes ſcheint folgendes zu ſein: Der Flamingo legt ſi ſein Neſt inmitten des Waſſers ſelbſt auf ſeihten Stellen, nah Verſicherung der Araber hingegen auf flachen, mit ſehr niederem Geſtrüppe bewachſenen Inſeln an. Fm erſteren Falle iſt das Neſt ein kegeliger Haufen von Schlamm, der mit den Füßen zuſammengeſcharrt, wahrſcheinlih durh Waſſerpflanzen und dergleichen gedichtet und ſo hoh aufgerichtet wird, daß die Mulde bis zu 0,5 m über dem Waſſerſpiegel liegt, im leßteren Falle nur eine ſeite, im Boden ſelbſt ausgeſcharrte Mulde, in welcher man, wie mir die Araber erzählten, eine dürftige Loge aus Schilf und Rohrblättern findet. Die Anzahl der Eier beträgt gewöhnlih 2; es mag jedo< vorkommen, daß auh einmal ihrer 3 in einem Neſte liegen. Sie ſind ſehr geſtre>t, meiſt ungleihhälftig, haben eine weiche, kreidige und ebene Schale und ſehen kalkweiß aus. Der Vogel brütet unzweifelhaft, indem er ſih mit zuſammengekni>ten Beinen auf das Neſt ſett; es kann jedo<h geſchehen, daß er zuweilen eins ſeiner Beine nah hinten ausſtre>t und über den Rand des Neſtes hinabhängen läßt. Die Zeit der Bebrütung ſoll 30—32 Tage währen und das Weibchen ſein Männchen dur lautes Schreien zum Wechſeln einladen. Die Jungen ſollen bald nah dem Ausſchlüpfen ins Waſſer geführt werden, hier vom erſten Tage ihres Lebens an

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