Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

576 Zehnte Ordnung: Stoßvögel; vierzehnte Familie: Lappentaucher.

eV gehen wollte, breitete er ſeine Flügel und watſchelte mit größter Schwierigkeit dahin. Zuweilen ſtieß er einen ſhnatternden Laut aus wie ein Eisvogel, manchmal ſchrie ex wie eine Möwe. Ex war biſſig und verwundete mit ſeinem ſcharfen Schnabel ſehr fühlbar.

Die beiden Familien der Lappen- und Seetaucher bilden nah Fürbringer die Sipp{haft (Cooly mbi) und Unterordnung (Colymbiformes) der Steißfüße, die mit den Würg- und Entenvögeln die Ordnung der Stoßvögel bilden. Sie kennzeichnen ſih dur lange Vorderzehen, unter welchen die äußerſte die längſte iſt, durch ihre ſehr kurzen, mit einem Hautſaume verſehenen Hinterzehen und dur ſeitlich ſtark zuſammengedrückten Lauf. Die Befiederung der Beine reiht bis ans Fußgelenk, die Schwanzfedern ſind ſehr kurz oder fehlen gänzlih. Die Flügel ſind kurz; der Schnabel iſt höchſtens mäßig lang.

An erſter Stelle mögen die Lappentauchher (Colymbidae) Erwähnung finden. Jhr Leib iſt auffallend breit und plattgedrü>t, der Hals lang und ziemlih dünn, der Kopf flein, geſtre>t und niedrig, der Schnabel ein verlängerter, auf den Seiten zuſammengedrü>ter Kegel mit eingezogenen, ſehr ſharſen Schneiden, deren untere ein wenig in die obere eingreift. Die Füße ſind ganz am Ende des Leibes eingelenkt und durch ihren Bau höchſt ausgezeihnet, niht beſonders hoch, ſeitlih ſo zuſammengedrückt, daß ſie vorn an der Spanne eine ſcharfe, glatte Kante erhalten. Unter den drei Vorderzehen iſt die äußerſte ebenſolang oder noh etwas länger als die mittlere, die innere aber viel fürzer als die leßtere, die hintere ziemlih hoh eingelenkt und ſummelartig; alle Vorderzehen werden von der Wurzel an bis zum erſten Gelenke dur< eine Spannhaut verbunden, ſind von hier an zwar geſpalten, beiderſeits jedo<h mit breiten, niht ausgeſchnittenen, vorn abgerundeten Schwimmlappen beſeßt, auf welchen die breiten, platten Nägel aufliegen; an der Hinterſeite findet ſi< nur an der nah unten gekehrten Seite ein breiter, auf der entgegengeſeßten bloß ein ſehr ſhmaler Lappen. Die Flügel ſind klein, furz und ſhmal, unter den Schwingen die zweite, erſte und dritte die längſten. Ein Schwanz fehlt gänzlih; an ſeiner Stelle ſteht bloß ein kleiner Büſchel zerſchliſſener Federn. Das Kleingefieder liegt überall dicht an und bildet auf der Unterſeite einen wahren Pelz, iſt glatt und beſitzt einen ſanften Atlasglanz, wogegen es am Kopfe, Halſe, auf dem Unterrücken und Bürzel haarartig zerſhliſſen erſcheint. Jm Hochzeitskleide trägt der Kopf älterer Vögel einen prachtvollen Shmu> in Geſtalt eines breiten Wangen- und Kehlkragens oder eines zweiteiligen Federbuſches, der ſih in der Regel dur lebhaftere Färbung auszeinet.

Die Lappentaucher, von welchen man einige 20 Arten kennt, gehören dem gemäßigten Gürtel an, verbreiten ſich niht weit nah Norden, aber auh niht weit nah Süden hin, bewohnen ſtehende, ausnahmsweiſe au< wohl langſam fließende Gewäſſer, die am Rande mit Schilf und Rohr umgeben ſind, und laſſen ſich nur ausnahmsweiſe zeitweilig auf dem Meere ſehen. „Keine andere Vogelart“, ſagt Naumann, „iſt ſo ganz Waſſer- oder Schwimmvogel wie ſie, da auch nicht eine bis jezt bekannt wurde, die niht, wenigſtens zu gewiſſen Zeiten, länger oder kürzer auf dem Lande verweilte. Die Lappentaucher gehen nur in höchſter Bedrängnis auf das Land; doch bleiben ſie ganz nahe am Waſſer, um, überraſcht, ſih ſogleich wiede: hineinſtürzen zu können. Bei allen ihren Handlungen bedürfen ſie des Waſſers, ſelbſt um ſi in Flug zu ſeßen und fliegend in die Luft zu erheben,

weil ſie dies niht anders können als mit einem furzen Anlaufe von der Waſſerfläche.