Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

592 Zehnte Ordnung: Stoßvögel; ſe<hzehnte Familie: Entenvögel.

Untex den Entenvögeln, die nur eine einzige, etwa 180 Arten umfaſſende, über den ganzen Erdball verbreitete, in mehrere gleihwertige Abteilungen zerfallende Familie bilden, wird man, au<h wenn man abſieht von dem Nuhme, den Dichtung und Sage den S{hwänen verliehen, dieſen ſtolzen und majeſtätiſchen Vögeln die erſte Stelle unter allen Verwandten zugeſtehen müſſen und den Rang einer Unterfamilie (Cy eninae) zuſprechen dürfen. Jhr Leib iſt geſtre>t, der Hals ſehr lang, der Kopf mittelgroß, der etwa fkopflange Schnabel gerade, glei breit, vorn abgerundet, an der Wurzel na>t oder hökerig aufgetrieben, gegen die Spiße flah gewölbt und in einen rundlichen Nagel ausgehend, der niedrige, ſtämmige Fuß weit hinten eingelenkt, die Mittelzehe länger als der Lauf, die Hinterzehe klein und ſ{hwächli<, auh ſo hoch eingelenkt, daß fie beim Gehen den Boden nicht berührt; die Shwimmhäute zeichnen ſi<h aus dur ihre Größe. Jn den Flügeln erſcheint das Verhältnis zwiſchen den Armknochen und Shwungfedern bemerkenswert; erſtere ſind ſehr lang, leßtere etwas kurz, die Handſchwingen, unter welchen die zweite die längſte, aber niht weſentlih länger als die Unter- und Oberarmſchwingen; der Schwanz beſteht aus 18—24 Steuerfedern, die ſih nah außen hin ſtufig verkürzen. Die Befiederung iſt ſehr reich, das Kleingefieder ungemein dicht, weih und glanzlos, am Kopfe und Halſe ſamtig, an der Unterſeite di> und pelzartig, auf der Oberſeite großfederig, dabei überall reih an Daunen.

Mit Ausnahme der Gleicherländer bewohnen die Shwäne, von welchen 10 Arten beſ<hrieben wurden, alle Gürtel der Erde, am häufigſten den gemäßigten und kalten der Nordhälfte. Das Verbreitungsgebiet jeder Art iſt ſehr ausgedehnt, und die regelmäßigen Reiſen der Schwäne erſtre>en ſih auf weite Entfernungen. Alle Arten wandern, nicht aber unter allen Umſtänden; denn einzelne verweilen nicht ſelten während des Winters im Lande oder ſtreichen hier wenigſtens nur innerhalb eines kleinen Gebietes auf und nieder. Süßwaſſerſeen und waſſerreiche Sümpfe bilden ihre Wohnſize, Gewäſſer aller Art ihren Aufenthalt. Zhr Neſt legen ſie regelmäßig im Binnenlande an; nah der Brutzeit dagegen halten ſie ſich im Meere auf. Sie ſind nur bei Tage thätig und benuzten die Nacht niht einmal zu ihrer Wanderung. Jhr Gebiet iſt das Waſſer; auf dem Lande bewegen ſie ſi< ungern. Die weit hinten eingelenkten Beine erſchweren das Gehen, und ihr Lauf erſcheint deshalb ſchwerfällig und wankend; der Flug, insbeſondere das Auffliegen vom Waſſer erfordert anſcheinend erheblihe Anſtrengung, fördert aber, nachdem einmal eine gewiſſe Höhe ge: wonnen, ſehr ſhnell. Sie ſind kaum im ſtande, ſich vom Boden aufzuſhwingen, und dürfen es kaum wagen, ſi< darauf niederzulaſſen. Vor dem Aufſtehen ſchlagen ſie mit den Flügeln und treten zugleih mit den breiten Sohlen auf die Oberfläche des Waſſers, bewegen ſih ſo, halb laufend, halb fliegend, 15—20 m weit unter ſ{hallendem Geplätſcher und haben nun erſt genügenden Anſtoß zum Fliegen gewonnen. Feßt ſtre>en ſie den langen Hals gerade vor, ſpannen die Flügel zu ihrer vollen Breite aus und ſ{<lagen mit kurzen Schwingungen kräftig die Luft, ein weit hörbares Sauſen hervorbringend, das in der Nähe niht eben angenehm, in der Ferne aber wohllautend klingt und einigermaßen an verhallendes Glo>engeläute erinnert. Beim Niederlaſſen gleiten ſie ohne Flügelſchlag allmählich aus der Luft hernieder, ſi< ſchräg gegen die Waſſerfläche bewegend, berühren ſie endlih und ſchießen hierauf no< ein Stü>k auf ihr fort oder ſtemmen die vorgeſtre>ten Füße gegen ſie, um den Anprall zu mildern.

Von einigen Arten vernimmt man ſelten einen Laut, in der Negel einen trompetenähnlichen Ton, der dem des Kranichs einigermaßen ähnelt, gewöhnlich aber nur ein ſtarkes Ziſchen oder ein dumpvfes Gemurmel; andere Arten hingegen beſigen eine ſtarke und kräftige, auh einigermaßen abwechſelnde Stimme, die, wenn ſie von fern vernommen wird, wohllautend in das Ohr klingt. Die Männchen ſchreien ſtärker, volltönender und öfter als die