Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

594 Zehnte Ordnung: Stoßvögel; ſehzehnte Familie: Entenvögel.

Gefangene gewöhnen ſi< an die verſchiedenſten Nahrungsmittel, ziehen aber auch jeßt noh Pflanzenſtoffe den tieriſchen entſchieden vor.

Die Seeadler und die großen Edeladler vergreifen ſi<h zuweilen an alten, öfter an jungen Schwänen; im übrigen haben die ſtolzen und wehrfähigen Vögel vom Naubzeuge wenig zu leiden. Der Menſch verfolgt ſie des Wildbrets und der Federn, insbeſondere der Daunen wegen. Fm Norden betreibt man ihre Jagd vom Boote aus, indem man bei ſcharfem Winde gegen die ſ{wimmenden Vögel an- oder ihnen den Wind abſegelt/ das heißt, das Fahrzeug ſo ſteuert, daß es mit dem Winde auf ſie zuläuft. Der Jäger darf dann hoffen, daß die ſih erhebenden Schwäne, die am liebſten gegen den Wind fliegen, ſih ihm zuwenden müſſen und ihm Gelegenheit zum Schuſſe geben. Jn Algerien ſtellen ihnen die Araber in der Weiſe nach, die ih gelegentlich der Beſchreibung der Flamingos erwähnte, oder ſchlagen an den Ufern der Buchten des Sees Pflöcke ein, befeſtigen an ihnen einen Faden Kamelgarn und an deſſen Ende Angeln, die mit zuſammengeknetetem Brote, Fleiſch oder Fiſchen geködert werden. „Hat nun der Schwan“, berihtet Buvry, „den Biſſen verſ<lungen, ſo bleibt der Haken im Halſe hängen, und das Tier muß ruhig verweilen, bis es der Jäger aus ſeiner traurigen Lage befreit.“ Jung eingefangene Shwäne laſſen \ſi< bei einigermaßen ſorgfältiger Behandlung leiht großziehen und werden dann ebenſo zahm wie diejenigen, welche iù der Gefangenſchaft gezüchtet wurden. Einzelne gewinnen warme Anhänglichkeit an ihren Pfleger; ihre Liebkoſungen pflegen jedoch ſo ſtürmiſcher Art zu ſein, daß man ſi< immerhin vorſehen muß, wenn man ſi< näher mit ihnen beſchäftigen will. Demungeachtet wirbt ihnen die Schönheit der Geſtalt und die Anmut ihrer Bewegungen noch heutigestags jedermann zum Freunde: man ſieht in ihnen die größte Zierde des Weihers.

Der zahme Schwan unſerer Weiher iſ der Hö>kerſhwan (Cygnus olor, mansuetus, gibber und sibilus, Olor mansnuetus), der noh gegenwärtig im-Norden unſeres Vaterlandes oder Nordeuropa überhaupt und in Oſtſibirien als wilder Vogel lebt. Wenn man den langgeſtre>ten Leib, den langen, ſ{<lanken Hals und den fopflangen, rot gefärbten, dur einen ſhwarzen Höfer ausgezeihneten Shnabel als Hauptmerkmale feſthält, wird man ihn mit keiner anderen Art verwechſeln können. Sein Gefieder iſt rein weiß, das der Jungen grau oder weiß. Das Auge iſt braun, der Schnabel rot, die Zügel und der Höcker ſhwarz, der Fuß bräunlich oder rein ſ{hwarz. Die Länge beträgt 180 die Breite 260, die Fittichlänge 70, die Shwanzlänge 18 cm. Das Weibchen iſt etwas tleiner.

Nahe verwandt mit dem Höckerſ<hwan iſt der Unveränderlihe Shwan (Cygnus immutabilis), deſſen Gefieder ſhon in der Jugend weiß iſt. Er bewohnt den hohen Norden und beſucht im Winter zuweilen die Nordſee.

Von dem Hölerſhwane unterſcheidet ſi<h der Singſhwan (Cygnus musicus, ferus, melanorhynchus und xanthorhinus, Anas und Olor cyenus) dur< gedrungene Geſtalt, etwas fürzeren und dieren Hals und den höÆerloſen, obwohl am Grunde ebenfalls aufgetriebenen, hier gelben, an der Spiße ſhwarzen Schnabel. Seine Länge beträgt 160, die Breite 250, die Fittichlänge 62, die Schwanzlänge 20 cm.

Die vierte Schwanenart, die in Europa und Nordaſien lebt, der Zwergſ<hwan (Cygnus bewickii, minor, melanorhinus, islandicus und altumi), unterſcheidet \i< hauptſächlih dur< die geringe Größe, den dünnen Hals, den an der Wurzel ſehr hohen Schnabel und den aus 18 Steuerfedern gebildeten Shwanz vom Singſchwane.