Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

596 Zehnte Ordnung: Stoßvögel; ſehzehnte Familie: Entenvögel,

ſondern ſtre>t ihn ſteilèr und mehr gerade empor, gewährt jedoch ſ<wimmend immerhin ein ſehr ſ{hönes Bild. Dagegen unterſcheidet er ſi< ſehr zu ſeinem Vorteile dur< die laut tönende und- verhältnismäßig wohlklingende Stimme, die man übrigens von ferne her vernehmen muß, wenn man ſie, wie die Jsländer, mit Poſaunentönen und Geigenlauten vergleihen will. Naumann überſeßt den gewöhnlichen Schrei ſehr richtig dur< die Silben „üllklii“ oder den ſanften Laut dur<h „ang“. Dieſe beiden Töne haben in der Nähe wenig Angenehmes, klingen vielmehr rauh und etwas gellend ins Ohr; es mag aber ſein, daß ſie wohlfklingender werden, wenn man ſie von ferne her vernimmt und eine größere Geſellſhaft von Singſchwänen gkeichzeitig ſich hören läßt. „Seine Stimme“ ſagt Pallas, „hat einen lieblihen Klang, wie den von Silberglo>en; er ſingt au<h im Fluge und wird weithin gehört, und das, was man vom Geſange des ſterbenden erzählt hat, iſt keine Fabel; denn die lezten Atemzüge des tödlih verwundeten Singſchwanes bringen ſeinen Geſang hervor.“ „Den Namen musicus“, meint Faber, „verdient er zu behalten. Wenn er nämlich in fleinen Scharen hoh in der Luſt einherzieht, ſo läßt er ſeine wohlklingende melancholiſche Stimme wie fernher tönende Poſaunen vernehmen.“ — Fhr Singen in den langen Winternächten“ {reibt Olafsfon, „wenn ſie haufenweiſe die Luft durchſtreifen, iſt das allerangenehmſte zu hören und ähnelt den Tönen einer Violine.“ — „Gewiß iſt“, verſichert Arman, „daß die Stimme des Singſchwanes einen helleren Silberklang hat als die irgend eines anderen Tieres, daß ſein Atem nah der Verwundung den ſingenden Ton hervorbringt, daß ſeine Stimme in ruſſiſhen Volksliedern vielfah gefeiert wird.“ — „Fhr Geſang“, ſo gibt Deſel an, „iſt zweitönig, ſehr laut und wird, von ganzen Scharen ausgeſtoßen, auf 2—3 engliſche Meilen weit gehört.“ — „Nun endlih“, berichtet A. von Homeyer, „habe ih au< vom Singſchwane Töne vernommen. Es ſaßen wohl 8$—10 dieſer Vögel ungefähr 100 Schritt vom Ufer entfernt auf der Grabow und ſtießen laute, vollklingende Töne aus. Eine Melodie war niht vernehmbar; es waren eben nur einzelne, langgezogene, wohlklingende Töne; doch da die einen tiefer, die anderen höher lagen, ſo nahm ſich die Tonweiſe nicht übel aus und bildete gewiſſermaßen ein harmoniſches Ganzes. Troß der großen Entfernung wurde der Schall ſehr deutlich über die ruhige See bis zu meinem Ohre getragen.“

Ausführlicher berichtet Schilling. „Der Singſchwan entzückt den Beobachter niht bloß dur ſeine ſchöne Geſtalt, das aufmerkſame, kluge Weſen, das ſih bei ihm im Vergleiche mit dem ſtummen Schwane ſehr vorteilhaſt in ſeiner Kopfbewegung und Haltung ausdrüd>t, ſondern au<h dur die lauten, verſchiedenen, reinen Töne ſeiner Stimme, die er bei jeder Veranlaſſung als Lo>kton, Warnungsruf und, wenn er in Scharen vereinigt iſt, wie es ſcheint, im Wettſtreite und zu ſeiner eignen Unterhaltung fortwährend hören läßt. Wenn bei ſtarkem Froſtwetter die Gewäſſer der See außerhalb der Strömungen nah allen Seiten mit Eis bede>t und die Lieblingsſtellen des Singſchwanes, die Untiefen, ihm dadurch verſchloſſen ſind, dieſe ſtattlihen Vögel zu Hunderten in dem noch offenen Waſſer der Strömung verſammelt liegen und gleichſam dur ihr melancholiſhes Geſchrei ihr Mißgeſhi> beklagen, daß ſie aus der Tiefe das nôtige Futter nicht zu erlangen vermögen: dann habe ih die langen Winterabende und ganze Nächte hindurch dieſe vielſtimmigen Klagetöne in ſtundenweiter Ferne vielmals vernommen. Bald möchte man das ſingende Rufen mit Glodenläuten, bald mit Tönen von Blaswerkzeugen vergleichen; allein ſie ſind beiden niht gleich, ſondern übertreffen ſie in mancher Hinſicht, eben weil ſie von lebenden Weſen herrühren und unſeren Sinnen näher verwandt ſind als die Klänge des toten Metalles. Dieſer eigentümliche Geſang verwirklicht in Wahrheit die für Dichtung gehaltene Sage vom Sc<hwanengeſange, und er iſt oftmals auch in der That der Grabgefang dieſer ſhönen Tiere; denn da dieſe in dem tiefen Waſſer ihre Nahrung nicht zu ergründen vermögen, ſo werden ſie vom Hunger derart ermattet, daß ſie zum Weiterziehen nah milderen Gegenden die Kraft