Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Sto>ente: Aufenthalt. Nahrung. Stimme. Fortpflanzung. Feinde. 637

hart- und glattſchaligen, grauweißen Eiern, die von denen der Hausente niht unterſchieden werden können. Die Dauer der Brutzeit währt 24—28 Tage. Das Weibchen brütet mit Hingebung, bede>t beim Weggehen die Eier ſtets vorſichtig mit Daunen, die es ſih ausrupft, {leiht mögli<hſt gede>t im Graſe davon und nähert ſich, zurückkehrend, erſt, nachdem es ſih von der Gefahrloſigkeit vollkommen überzeugt hat. Die Jungen werden nah dem Ausſchlüpfen noh einen Tag lang im Neſte erwärmt und ſodann dem Waſſer zugeführt. Wurden ſie in einem ho< angelegten Neſte groß, ſo ſpringen ſie, bevor ſie ihren erſten Ausgang antreten, einfah von oben hinab auf den Boden, ohne dur< den Sturz zu leiden. Fhre erſte Jugendzeit verleben ſie möglichſt verſte>t zwiſchen dicht ſtehendem Niedgraſe, Schilfe und anderen Waſſerpflanzen, und erſt wenn ſie anfangen ihre Flugwerkzeuge zu proben, zeigen ſie ſih ab und zu auf freierem Waſſer. Jhre Mutter wendet die größte Sorgfalt an, um fie den Bli>ken der Menſchen oder anderer Feinde zu entziehen, ſucht nötigen Falles durch Verſtellungskünſte die Gefahr auf ſich zu lenken, tritt auh, wenigſtens ſhwächeren Feinden, mutig entgegen und ſhlägt ſie häufig in die Flucht. Die Fungen hängen mit warmer Liebe an ihr, beachten jede Warnung, jeden Lockton, verkriechen ſich, ſobald die Alte ihnen dies befiehlt, zwiſchen de>enden Pflanzen oder Bodenerhöhungen und verweilen, dis ſie wieder zu ihnen zurüd>fehrt, in der einmal angenommenen Lage, ohne ſih zu regen, ſind aber im Nu wieder auf den Beinen und beiſammen, wenn die Mutter erſcheint. Fhr Wachstum fördert ungemein raſh; na< etwa 6 Wochen fliegen ſie bereits.

Alle Sorge und Angſt der Mutter läßt den Vater unbekümmert. Sobald die Ente zu brüten beginnt, verläßt er ſie, ſuht unter Umſtänden noch ein Liebesverhältnis mit anderen Entenweibchen anzuknüpfen und vereinigt ſih, wenn ihm dies niht mehr gelingen will, mit ſeinesgleihen zu Geſellſchaften, die ſi< nunmehr ungezwungen auf verſchiedenen Gewäſſern umhertreiben. Noch ehe die Jungen dem Eie entſchlüpft ſind, beginnt bereits die Mauſer, die ſein Prachtkleid ins unſcheinbare Sommerkleid verwandelt. Letzteres wird kaum 4 Monate getragen und geht dann dur<h Mauſer und Verfärbung wieder ins Hochgeitskleid über. Um dieſe Zeit tritt auh die Mauſer bei den Jungen ein, und nunmehr vereinigen ſih beide Geſchlehter und alt und jung wieder, um fortan geſellig den Herbſt zu verbringen und ſpäter der Winterherberge zuzuwandern.

Mande alte Stockente fällt dem Fuhſe oder dem Fiſchotter, manche junge dem Zltiſſe und dem Nerze zur Beute; die Eier und zarten Jungen werden von Waſſerratten weggeſ<leppt oder dur< Nohrweihen und Milane gefährdet; als die \{hlimmſten Feinde aber müſſen wohl die großen Cdelfalken gelten, die ſi zeitweilig faſt nur von Enten ernähren. Angeſichts eines ſolchen Gegners ſuchen ſih dieſe ſoviel wie möglih dur< Tauchen zu retz ten, ziehen auh wohl den Räuber, der ſie ergriff, gelegentlih mit in die Tiefe hinab und ermatten ihn dadurch ſo, daß er die Jagd aufgeben muß. Habicht und Adler, insbeſondere Seeadler , betreiben die Entenjagd niht minder eifrig und meiſt mit Glü>, obgleich die Enten auch gegen ſie Mittel zur Abwehr anwenden. Seyffertiß beobachtete einſt innerhalb weniger Stunden die verſchiedenen Verteidigungsarten der Enten gegemr Raubvögel. Als dieſe einen langſam herbeifliegenden Seeadler gewahrten, erhoben ſie ſich in die Luft und ſtrihen über dem Waſſer hin und her, weil ſie wohl wußten, daß er niht im ſtande ſei, ſie im Fluge zu fangen. Nachdem er die Jagd aufgegeben, fielen ſie wieder ein und ſuchten ihre Nahrung wie vorher. Da zeigte ſih ein Wanderfalke; jeßt aber flogen ſie niht auf, ſondern tauchten unabläſſig, bis auch dieſer Feind das Vergebliche ſeiner Bemühungen einſah. Später erſchien nun ein Habicht, der im Fliegen wie im Sitzen gleih geſchi>t zu fangen weiß. Die Enten zogen ſich ſofort eng zuſammen, warfen mit den Flügeln beſtändig Waſſer in die Höhe und bildeten ſo einen undurchſichtigen Staubregen; der Habicht dur<flog dieſen Regen, wurde aber doch ſo verwirrt, daß er ebenfalls von ſeiner Jagd ablaſſen mußte.