Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Zwergſäger: Verbreitung. Bewegungen. Nahrung. 667

Seen zuweilen bis zum Mai umhertreiben. Man ſieht ihn faſt nur auf ſüßen Gewäſſern, ausnahmsweiſe vielleicht auh auf ſtillen Meeresbuchten, namentlich ſolchen, in welche Flüſſe einmünden, dann aber immer bloß auf kurze Zeit. Abweichend von den Tauchenten zieht er, wie ſeine Familienverwandten überhaupt, fließendes Waſſer dem ſtehenden vor, wandert alſo den Flüſſen nah und beſucht bloß von dieſen aus die Seen und Teiche, die no< offenes Waſſer haben.

Jm Gehen trägt er ſi< wagere<ht, den Hals eingezogen, und bewegt ſi<h wankend, aber doch beſſer als die Verwandten; ſhwimmend ſenkt er ſeinen Leib ungeſähr bis zur Hälfte ſeiner Höhe in das Waſſer ein; vor dem Tauchen erhebt er ſih mit einem Sprunge bis über die Oberfläche des Waſſers, verſhwindet unmittelbar darauf unter ihr, ſtre>t den Hals lang aus, rudert kräftig, mit beiden Beinen abwechſelnd, und bewegt ſih in jeder Höhe über dem Grunde mit wahrhaft erſtaunliher Schnelligkeit und Gewandtheit, eher einem Raubfiſche als einem Vogel glei, hält ſehr lange unter Waſſer aus und kommt meiſt fern von der Stelle des Untertauchens wieder zum Vorſchein. Der Flug ähnelt dem Éleiner Entenarten, iſt ebenſo {nell und geſchi>t, verurſacht ein kaum bemerkbares Geräuſch und geht in gerader Linie fort, bei kurzen Entfernungen meiſt niedrig über dem Waſſer oder dem Boden hin. Nur wenn der Vogel auf leßterem ausruht, zeigt er ſich träge, ſonſt ſtets außerordentlich lebhaft, auh bei der heftigſten Kälte rege und munter. Wirklich eigentümlich iſt ſeine Zuneigung zu der Schellente. Höchſt ſelten ſieht man die bei uns ankommenden Zwergſäger ohne dieſe Begleitung, und mehr als einmal hat man die innigſte Verbindung beider Vögel beobachtet, erlegte auh Zahnſchnäbler, die man nur als Baſtarde von beiden anſehen kann. Das gegenſeitige Freundſchaftsverhältnis währt ſelbſt in der Gefangenſchaft fort; ja, es iſt in unſeren Tiergärten vorgekommen, daß herumſhwärmende Zwergſäger ſih freiwillig auf Teichen einfanden, auf welchen ſie Scellenten bemerkt hatten.

Die Nahrung beſteht hauptſähli<h in kleinen Fiſchen, nebenbei in Krebſen und Kerbtieren; die Gefangenen freſſen jedo<h au< gewiſſe Pflanzenſtoffe, insbeſondere Brot, recht gern. Jm Fiſchen ſtehen ſie ihren größeren Verwandten niht nah. „Eine Geſellſchaft dieſer Säger“, ſchildert Naumann, „beim Fiſchen zu belauſchen, gewährt eine angenehme Unterhaltung. Bald ſ{hwimmen alle beiſammen, bald und im Nu ſind ſie von der Fläche verſhwunden. Endlich erſcheint einer na< dem anderen wieder oben, aber zerſtreut und, wo es der Raum geſtattet, oft 30—50 Schritt vom erſten Plaße weg. Sie ſammeln ſich von neuem, tauhen abermals und erſcheinen zerſtreut bald wieder und, zur Überraſhung des Lauſchers, diesmal vielleicht ganz in deſſen Nähe auf der Oberfläche. Sehr merkwürdig holen ſie allein dur< Tauchen ihren Lebensunterhalt oft aus ziemlich kleinen Öffnungen im Eiſe, indem ſie thre Jagd unter der Eisdecke treiben, aber, um zu atmen und ſich einige Augenbli>e zu erholen, doch ſtets die offene Stelle wieder treffen, ein Beweis daß ihre Sehkraft unter Waſſer ſi< über einen anſehnlihen Raum erſtreen muß. Wo das freie Gewäſſer nicht Fiſh<hen genug enthält, durhwühlen ſie auh den Grund nach Kerbtieren, Fröſhchen 2c. Kommt eine Geſellſhaft auf einen kleinen, mit vieler Fiſchbrut beſetzten Quellteich, jo ſegen ſowohl Vögel als fliehende Fiſche, die, wie bei Verfolgung von Raubfiſhen, nicht ſelten über die Flähe aufſchnellen, das Waſſer in eine faſt wirbelnde Bewegung. Es iſt den Sägern eigen, daß, wenn ſie fiſchen wollen, gewöhnlich alle zu gleicher Zeit eintauchen, um die überraſchten Fiſche in allen Richtungen zu verfolgen, und ſo der eine fangen fann, was dem anderen entwiſchte. Aber wir haben nie bemerkt, daß ſie beim Eintauchen eine gewiſſe Anordnung träfen, ſih, wie man geſagt hat, im Halbkreiſe aufſtellten und dieſen au< während des Untertauchens beibehielten, um die Fiſche in die Enge zu treiben und ſo deſto ſicherer zu fangen.“