Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

El TT Siebente Ordnung: Suchvögel; erſte Familie: Regenvfeifer.

Er iſt ein e<hter Seevogel; denn ex verläßt die Küſte des Meeres ſelten und, falls es wirklich einmal freiwillig geſchieht, nur dann, wenn er einen ſalzigen oder doh bra>igen See aufſuchen will. Fm Binnenlande gehört er zu den Seltenheiten. Seichte Meeresküſten oder Seeufer, deren Boden ſ{<lammig iſt, bilden ſeine Aufenthaltsorte; daher kommt es, daß ihn in einzelnen Gegenden jedermann fennt, während er wenige Kilometer davon als fremdartig erſcheint. Fm Meere we<ſelt er, laut Naumann, ſeinen Aufenthalt mit der Ebbe und Flut. Wenn erſtere die Watten tro>en gelegt hat, ſieht man ihn oft mehreve Kilometer weit von der eigentlichen Küſte, während er, -vor der Flut zurü>weichend, ſich nur am Strande aufhält. Er gehört zu denjenigen Seevögeln, welche jedermann auffallen müſſen, weil ſie eine wahre Zierde des Strandes bilden. Bei ruhigem Gehen oder im Stehen hält er den Leib meiſt wagereht und den dünnen Hals Z-förmig eingezogen. Sein Gang iſt leiht und verhältnismäßig behende, obgleih er ſelten weitere Stre>en in einem Zuge durchläuft, ſein Flug zwar nicht ſo ſ{hnell wie der der Strandläufer, aber immer doch raſ< genug und fo eigentümlih, daß man den Vogel in jeder Entfernung erkennen kann, da die hohen, herabgebogenen Flügel, die mit weit ausholenden Schlägen bewegt werden, der eingezogene Hals und die langen, geradeaus geſtre>ten Beine bezeichnend ſind. Den ſehr ausgebildeten Shwimmhäuten entſprechend, bewegt ex ſi<h auc in größerer Tiefe der Gewäſſer, ſhwimmt leiht und gewandt und thut dies oft ohne beſondere Veranlaſſung. Die pfeiſende Stimme klingt etwas ſ{hwermütig, keineswegs aber unangenehm, der Lo>ton ungefähr wie „qui“ oder „dütt“, der Paarungsruf flagend, oft und raſh wiederholt „liu“, ſo daß er zu einem förmlichen Jodeln wird.

Gewöhnlich ſieht man den Säbelſchnäbler im Waſſer, ſtehend oder langſam umhergehend, mit beſtändig ni>ender und ſeitliher Bewegung des Kopfes Nahrung ſuchend, nicht ſelten au< gründelnd, wobei er na<h Entenart mehr oder weniger auf dem Kopfe ſteht. Der ſonderbare Schnabel wird anders gebraucht als von den übrigen Sumpfvögeln, wie Naumann ſagt, „ſäbelnd, indem ihn der Vogel ziemlih raſh nacheinander ſeitwärts re<ts und links hin und her bewegt und dabei die im Waſſer {<hwimmende Nahrung, die durch die Leiſten an der inneren Schnabelfläche feſtgehalten wurde, aufnimmt. Der Schuſtervogel dur<ſäbelt auf dieſe Weiſe, langſam fortſchreitend, die kleinen Pfüßen, die ſih während der Ebbe auf den ſ<hlammigen Watten erhalten und von kleinen Lebeweſen bu<ſtäbli<h wimmeln, und wenn er mit dem Ausfiſchen einer ſolchen fertig iſt, geht er an eine andere. Oft beſchäftigt er ſi<h mit einer einzigen eine Stunde lang und darüber. Gewöhnlich ſte>t er, wenn er anfängt, den Schnabel geradezu ins Waſſer oder in den dünnflüſſigen Shlamm und ſhnattert damit einige Augenbli>e wie eine Ente, ſäbelt aber hierauf gleih los. Leßtere Bewegung dient übrigens, wie man an gefangenen Verkehrtſ{<näblern beoba<hten kann, nur dazu, um den Schlamm aufzuwühlen und Beute frei zu machen, niht aber, um ſie in den Schlund zu bringen. Einige wenige ſah i<h au< im Sumpfe ſo über die kurzen, naſſen Gräſer ſäbelnd hinfahren oder im Waſſer ſchwimmende Geſchöpfe fangen.“ Jh habe dieſes Säbeln oft und genau beobachtet, glaube aber, daß die Verkehrtſchnäbler in ſ{<lammigen Seen doh noh öfter gründeln, alſo nah Entenart den Schlamm dur<hſchnattern, als ſäbeln.

Der Säbelſchnäbler iſt, weil ex ſtets in Geſellſchaft lebt, auh überall ſcheu und flieht den Menſchen unter allen Umſtänden. Wenn man ſi< der Stelle nähert, wo Hunderte dieſer Vögel eifrig beſchäftigt ſind, ihre Nahrung aufzunehmen, bemerkt man, daß auf den erſten Warnungsruf hin alle unruhig werden und nun entweder watend und ſ{hwimmend dem tieferen Waſſer zuſtreben, oder ſich fliegend erheben und erſt wieder zur Ruhe tfommen, wenn ſie ſich außer Shußweite wiſſen. Gegen andere Vögel zeigen ſie keine Zuneigung. Ein einzelner wird niemals von dem kleinen Strandgewimmel zum Führer erkoren, und