Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Golduregenpfeifer: Verbreitung. Weſen. Fortpflanzung. Feinde, G7

nach dem Süden, die er Ende September beginnt und im März beendet. ' JFſt der Winter gelinde, fo verweilt er au< in den dazwiſchen liegenden Monaten als Gaſt im mittleren Deutſchland; das große Heer aber geht weiter ſüdlih, von Lappland und Finnland aus bis in die Mittelmeerländer und nah Nordweſtafrika, von Nordaſien aus bis Fudien und China, und von dem hohen Norden Amerikas aus nah dem Süden der Vereinigten Staaten, ſelbſt bis nah Braſilien. Die Reiſe wird gewöhnlich in Geſellſchaft angetreten und hauptſächlich während der Nacht ausgeführt. Die ziehenden Regenpfeifer fliegen dabei ſehr hoch, zuweilen regellos, meiſt aber in einem geordneten Keile nah Art unſeres Kranichs. Bei Tage ruht ſolche Wandexrſchar auf einer geeigneten Örtlichkeit, gewöhnlich auf Feldern, aus, um Futter zu ſuchen, und wenn das Wetter gelind iſt, verbringt ſie hier auh wohl den ganzen Winter.

Sn ſeinem Weſen unterſcheidet ſi< der Goldregenpfeifer wenig von anderen feiner Gattung und ſeiner Familie. Er iſt ein munterer, flüchtiger Vogel, der vortreſflih läuft, d. h. entweder zierlih einherſchreitet oder überaus {nell dahinrennt und nux nach langem Laufe ein wenig ſtillſteht, raſh und gewandt fliegt, beim Durhmeſſen weiterer Entfernungen nah Art einer flüchtigen Taube dahineilt, in der Nähe des Neſtes aber ſich in allerlei ſchönen Schwenkungen und Flugkünſten gefällt, deſſen wohlklingendes, helltönendes Pfeifen, den Silben „tlüi“ etwa vergleichbar, troß ſeiner ſhwermütig erſcheinenden Betonung angenehm ins Ohr fällt, der aber auch in der Zeit der Liebe zu einem geſangartigen Triller „talüdltalüdltalüdltalüdl“ ſih begeiſtert, deſſen Sinne und geiſtige Fähigkeiten wohl entwi>elt ſind, und der ſih außerdem noh durch Geſelligkeit, Friedfertigkeit, Liebe zur Gattin und zur Brut und andere gute Eigenſchaften empfiehlt. Würmer und Kerbtierlarven bilden die Hauptnahrung; im Sommer frißt er faſt ausſchließli<h Stehmücken in allen Lebenszuſtänden, gelegentlih des Zuges Käfer, Schne>en, Regenwürmer und dergleichen, verſhlu>t au<, um die Verdauung zu befördern, kleine Quarzkörnhen. Waſſer iſt ihm zum Trinken wie zum Baden unentbehrlih, und wahrſcheinlih läßt er keinen Tag vorübergehen, ohne ſein Gefieder zu waſchen.

Der Goldregenpfeifer niſtet einzeln in unſerem Vaterlande, ſo z. B. auf den Heiden des Münſterlandes, nah Naumann auch in der Lüneburger Heide und in Weſtjütland; ſeine eigentlihen Brutpläße ſind jedoh in der Tundra zu ſuchen. Hier ſieht man die artigen Liebesſpiele des Männchens allüberall, und hier findet man, ohne ſi< anzuſtrengen, leicht Neſter mit Eiern oder Jungen in hinreichender Menge. Das Männchen ſ{<hwenkt ſi ſelbſtgefällig in der Luft, ſhwebend und dabei ſingend, ſtürzt ſih zum Weibchen hinab, umgeht dieſes ni>end, ab und zu einen Flügel breitend, und das Weibchen erwidert die Werbung, ſo gut es vermag. Eine kleine, napfförmige, ſeichte Vertiefung, die von leßterem ausgeſcharrt und höchſtens mit einigen dürren Hälmchen belegt wird, dient zum Neſte. Das Gelege beſteht aus der üblichen Anzahl verhältnismäßig ſehr großer, etwa 46 mm langer, 35 mm dier, kreiſelförmiger Eier, die ſih dur< ihre glatte, glanzloſe, feinkörnige Schale, ihre trübe oder blei olivengelbe Grundfarbe und die reiche, in verſchiedener Weiſe verteilte, zuweilen franzförmig um das Ei laufende, aus Dunkelſhwarzbraun oder Braunrot gemiſchte Zeichnung kenntli<h machen, aber vielfah abändern. Je nach der nördlichen oder ſüdlichen Lage des Wohnplagzes iſt das Gelege früher oder ſpäter vollſtändig. Die Fungen werden noh am erſten Tage ihres Lebens dem Neſte entführt und bringen die ihrer Familie eigentümliche Kunſt des Verſte>ens ſozuſagen mit auf die Welt. Beide Eltern ſeßen, wenn ſie Junge haben, jede Nüſicht aus den Augen und beweiſen wahrhaft rührende Zärtlichkeit gegen die Jungen. Werden die erſten Eier geraubt, ſo entſchließt ſi<h das Paar zu einer zweiten Brut; in der Regel aber brütet es nur einmal im Fahre.

Im Norden ſtellen die Edelfalken den Alten, die Eisfüchſe, Vielfraße und andere MarDer, die Buſſarde, Naben und Naubmöwen den Jungen, lettere insbeſondere auh den Eiern

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