Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Verdauungswerkzeuge. Atmung. Blutumlauf. Gehirn. 7

Das Herz beſteht, wie ebenfalls bereits angegeben, aus 4 Abteilungen, 2 geſchiedenen Vorhöfen und 2 Kammern, deren Scheidewand nur bei den Krokodilen vollſtändig wird, bei allen übrigen Kriechtieren aber mehr oder weniger große Lücken zeigt, durch welche das Blut der linken Kammer ſich mit dem der reten miſchen kann. „Bei den Schildkröten, den Sthlangen und den meiſten Eidechſen, wo die Scheidewand unvollſtändig iſt“, ſagt Vogt, „entſpringen deshalb ſowoht die Lungen- als auch die Körpergefäße aus der reten Herzkammer, während bei den Krokodilen die Lungenſchlagadern und eine linke Körperpulsader aus der rechten Kammer, die größere rete Aorta dagegen aus der linken Kammer entſpringen. Wenn nun auh dur beſondere Klappenvorrichtungen im Jnneren des Herzens das aus dem Körper zurü>kehrende Blut ſelbſt bei unvollſtändiger Scheidewand hauptſähli<h na<h der Lungenſchlagader, das aus den Lungen fommende weſentli<h nah der Aorta hingeleitet wird, ſo iſt doh auf der anderen Seite, ſowohl hier als auch bei den Krokodilen, die Miſchung der beiden Blutarten wieder dadurh ermöglicht, daß von dem urſprünglichen Kiemenbogen des Embryos weite Verbindungsäſte zwi] cen dem großen Gefäßſtamme hergeſtellt ſind. Die Aorta wird meiſt aus einem, zwei oder ſelbſt drei Bogen zuſammengeſetzt, die ſih unter der Wirbelſäule vereinigen und vorher noch die Gefäße für die Ernährung des Kopfes abgeben. Jn dem venöſen Kreislaufe iſt ſtets außer dem Pfortaderſyſteme der Leber auh no ein ſolches für die Nieren eingeſchoben. Das Lymphſyſtem iſt außerordentlih entwi>elt und läßt außer großen Sammelbehältern, die gewöhnlich in der Umgegend des Magens liegen, no< 2 oder häufiger 4 beſondere, rhythmiſch pulſierende Lymphherzen gewahren, von welchen ſtets 2 in der Lendengegend unmittelbar unter der Haut oder tiefer nach innen dem Kreuzbeine aufliegen und ihren Fnhalt in die zunächſt gelegenen Hohladern treiben.“ Dieſen Lymphgefäßen fehlen innere Klappen. Die Blutkörperchen ſind ſtets eirund und zeigen innere Kerne. Die eigentümliche Verbindung der großen Blutgefäße erklärt das geringe Atembedürfnis der Kriechtiere. Entſprechend der Langſamkeit des Stoffwechſels können ſie, wie Brücke ausführt, mit einer von ihnen eingeatmeten Menge Sauerſtoffes weit länger als die höher entwi>elten Säugetiere und Vögel ausreihen und ſelbſt dann no< leben, wenn ſie gewaltſam am Atmen gehindert werden, indem die bei ausbleibender Atmung ſonſt eintretende Überfüllung des Lungenfreislaufes mit Blut dur<h die Möglichkeit eines Abfluſſes in den großen Kreislauf ſtets ſofort gehoben und dauernd ausgeglichen wird oder doh werden kann. Fnfolge des verlangſamten Blutumlaufes erhebt ſich eben ihre Körperwärme nur wenig über die der Luft oder der Umgebung überhaupt.

Das Gehirn der Kriectiere iſt weit unvollkommener als das der Säugetiere und Vögel, aber auh dur Auftreten einer Hirnrinde, der erſten markhaltigen Stabkranzfaſern, die Ammonsbildung und den aus ihr entſpringenden Fornixbogen wiederum viel ausgebildeter als das der Lurche und Fiſche. Es beſteht aus drei hintereinander liegenden Markmaſſen, dem Vorder-, Mittel- und Hinterhirn. Leßteres, ein Werkzeug, das nach L. Edinger die Gleichgewichtslage des Tieres vermittelt, iſt bei den Krokodilen beſonders entwidelt bei Schildkröten und Schlangen mehr oder weniger verkleinert. Ähnlich verhält es ſi<h mit dem Vorderhirn. Rückenmark und Nerven ſind im Verhältnis zum Gehirne ſehr maſſig; der Einfluß des lezteren auf die Nerventhätigkeit iſt deshalb gering. Unter den Sinneswerkzeugen ſteht ausnahmslos das Auge obenan, obgleich es mitunter ſehr flein, zuweilen ſogar gänzlih unter der Haut verborgen iſt. Bezeichnend für verſchiedene Familien und Gruppen iſt die Bildung des Augenlides. „Am einfachſten“, ſagt K. Vogt, „iſt dieſe Bildung bei den Schlangen, wo alle Augenlider zu fehlen ſcheinen, richtiger aber verwachſen ſind, und wo die Schichten der Haut da, wo ſie über den Augapfel weggehen, durſichtig werden, ſi< wölben und eine Kapſel bilden, die wie ein Uhrglas in den