Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Waſſerotter: Fortpflanzung im Käfige. Wirkung des Giftes. 473

dem gebiſſenen Fuße. Eine Ratte dagegen, die von einer jungen Schlange in den Kopf gebiſſen worden war, ſtarb ſhon na<h 2 Minuten. Gebiſſene Fröſche gerieten ſofort in Zu>ungen und ſtarben bald darauf.

Da ih mehrere Waſſerottern von Effeldt erwarb und längere Zeit ſelbſt pflegte, kann ih ſeine Angaben faſt in jeder Beziehung beſtätigen, habe ihnen auh wenig hinzuzufügen. Die Waſſerottern ſind zwar ebenfalls Nachttiere, am Tage aber durhaus niht in ſol<hem Grade träge und ſchläfrig wie andere Grubenottern oder Vipern. Einmal an den Käfig und an eine regelmäßige Fütterung gewöhnt, gewinnen ſie es ſelten über ſih, ihnen bei Tage gereihte Nahrung liegen zu laſſen, kommen vielmehr in der Negel ohne weiteres herbei, um zu freſſen. Fiſche bilden die Lieblingsnahrung der erwachſenen und werden gewöhnlih ſofort ergriffen, alſo niht erſt vergiftet, und mit dem Kopfe voran verſchlungen; Fröſche nehmen ſie auh niht ungern, vergiften ſie aber meiſt vor dem Verſchlingen; kleine Säugetiere verzehren ſie ebenfalls und nie, ohne ſie vorher ge- ° biſſen zu haben. Jn der warmen Fahreszeit oder wenn ihr Käfig beſonders gut geheizt wurde, verbringen ſie faſt den ganzen Tag im Waſſerbe>en und legen ſi hier, vorausgeſebt, daß es groß genug iſt, in allen für Schlangen denfbaren Stellungen neben- oder übereinander, ſo daß man oft einen wunderſam verſhlungenen Knäuel, aus welchem ſih hier und da ein Sthlangenkopf erhebt, vor Augen hat. Ein ſoles Bad ſcheint ihnen die hôhſte Behaglichkeit zu gewähren, und deshalb weiſen ſie, ſolange ſie im Waſſer liegen, jede Störung, ja auh ſ{<hon den Verſuch einer ſolchen, kräftig zurü>. Fehlt es an genügendem Raume, ſo kann des Bades halber Streit unter ihnen ausbrechen, ſo friedlich die einmal zuſammengewöhnten in der Regel leben, und ſo wenig ſie es kümmert, wenn eine ihresgleihen über die andere hinwegkfrieht, ſo ſelten ſie Futterneid bekunden. Einmal erzürnt aber, gehen ſie ſofort zum Angriffe über und wenn vollends ſi< Paarungsluſt in ihnen regt und die ohnehin bedeutende Heftigkeit ihres Weſens noh ſteigert, ſind ernſte Kämpfe unter ihnen an der Tagesordnung. Beim Zweikampfe verweilen ſie nicht erſt längere Zeit in der üblichen Angriffsſtellung, ſondern beißen ohne weiteres zu Und verlegen ſi<h dabei oft ſo bedeutend, daß Blut aus vielen Stellen ihres Leibes fließt. Demungeatet habe i< niemals erfahren, daß eine der ſo tief gebiſſenen Waſſerottern irgend welche Zeichen von Vergiftung bekundet hätte, und muß daher Effeldt durchaus beiſtimmen, wenn er ſagt, daß ihre gegenſeitigen Beißereien ihnen in feiner Weiſe ſhaden. Während der Paarungszeit ſind ſie außerordentlich erregt, kriehen dann auh bei Tage faſt ununterbrochen im Käfige auf und ab, bedrohen und beißen ſih gegenſeitig, bezüngeln das erforene Weibchen ſehr zärtlih und umſchlingen es endlih in der bei Schlangen üblichen Weiſe, worauf dann bald die Begattung erfolgt. Die Entwickelung der Keimlinge rihtet ſi< wohl hauptſähli<h nah der herrſchenden Wärme und wird durch dieſe beſchleunigt, dur< Abkühlung aber verzögert.

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Der artenreichſten Gattung der ganzen Unterfamilie (Trimeresurus) wollen wir den Namen der Lochottern belaſſen. Die hierher zu zählenden Grubenottern ſind verhältnismäßig ſ<hlank gebaute Tiere mit dreie>igem Kopfe, den, die vorderſte Spitze der Schnauze und die Augenbrauengegend ausgenommen, nur kleine Schuppen, niht aber Schilde bekleiden, und mäßig langem, oft greiffähigem, zu einer feinen Spibße ſi<h verjüngendem Schwanze. Dieſe beiden Merkmale ſind die wichtigſten von allen. Doch will ih ihnen noh hinzufügen, daß der Leib mit mehr oder weniger deutlich gekielten, in 13—81 Reihen geordneten Schuppen bede>t iſt, und daß die Unterſhwanzſchilde meiſt zwei, ſelten eine Reihe bilden.