Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Spivkrokodil: Auſenthalt. Gebaren. Weſen. Nahrung. 499

Pfeil, der von Stre>e zu Stre>ke ſeine Richtung ändert, wenden aber, troß kleiner Anhängſel von falſchen Rippen, welche ſih an die Halswirbel anlegen und die ſeitliche Bewegung zu beſhränken ſcheinen, ganz gut, wenn ſie wollen. Jc habe oft Junge ſich in den Schwanz beißen ſehen; andere beobachteten dasſelbe bei erwachſenen Krokodilen. Daß ihre Bewegung faſt immer geradlinig erſcheint, rührt daher, weil ſie, wie bei den Eidechſen, ſtoßweiſe erfolgt. Sie ſhwimmen vortrefflih und überwinden leicht die ſtärkſte Strömung; jedoch ſchien es mir, als ob ſie, wenn ſie flußabwärts ſ{<wimmen, nicht raſh umwenden können. Eines Tages wurde ein großer Hund, der uns auf der Neiſe von Caracas an begleitete, im Fluſſe von einem ungeheuern Krokodile verfolgt; leßteres war ſhon ganz dicht bei ihm, und der Hund entging ſeinem Feinde nur dadurch, daß er umwendete und noch einmal gegen den Strom ſ{<wamm. Das Krokodil führte nun dieſelbe Bewegung aus, aber weit langſamer als der Hund, und dieſer erreichte glü>li<h das Ufer.“

Das Weſen der Spitkrokodile iſt übrigens, wie A. von Humboldt an mehreren Orten ausdrüdli< hervorhebt, je nah der Örtlichkeit, die es beherbergt, ſehr verſchieden. Jn manchen Flüſſen fürchtet man es ungemein, in anderen wenig oder niht. „Die Sitten der Tiere anſcheinend einer Art“, ſo drü>t er ſih aus, zeigen Abweichungen von örtlichen Einflüſſen, die ſehr {<wer aufzuklären ſind. Am Rio Burituku warnte man uns, unſere Hunde nicht an dem Fluſſe ſaufen zu laſſen, weil in ihm auffallend wilde Krokodile hauſen, die gar niht ſelten aus dem Waſſer gehen und die Hunde auf das Ufer hinauf verfolgen. Solche Kecheit fällt um ſo mehr auf, als am Rio Tiſanao die Krokodile ziemlich ſ{hüc<htern und unſchädlich ſind. Auch im Rio Neveri, in welchem große Hechtkrokodile zahlreih vorrommen, zeigen ſie ſih niht ſo bösartig wie im Orinoko. Nach dem Kulturzuſtande der verſchiedenen Länder, nach der mehr oder weniger dichten Bevölkerung in der Nähe der Flüſſe ändern ſich vielleiht auh die Sitten dieſer großen Echſen, die auf dem tro>enen Lande ſchüchtern ſind und ſogar vor dem Menſchen fliehen, wenn ſie reichliche Nahrung haben und der Angriff mit einiger Gefahr verbunden iſt. Jn Nueva Barcelona ſieht man die Fndianer das Holz auf ſonderbare Weiſe zu Markte bringen; große Scheite werden in den Fluß geworfen und treiben mit der Strömung fort, und der Eigentümer mit ſeinem älteſten Sohne ſ{wimmt bald hierhin, bald dorthin, um die Stücke, die in den Flußkfrümmungen ſte>en bleiben, wieder flott zu machen. Fn den meiſten Flüſſen, in welchen Krokodile vorkommen, verbietet ſi<h ein ſolches Verfahren von ſelbſt.

„Jm Magen eines 3,6 m langen Krokodiles das Bonpland und ih zergliederten, fanden wir halbverdaute Fiſche und 8—10 cm ſtarke, runde Granitſtü>e. Es iſt niht anzunehmen, daß die Krokodile dieſe Steine zufällig verſhlu>en; denn wenn ſie die Fiſche auf dem Grunde des Fluſſes packen, ruht ihre untere Kinnlade nicht auf dem Boden. Die Indianer haben die abgeſ<ma>te Jdee ausgehe>t, dieſe trägen Tiere machten ſih gern ſchwer, um leichter tauchen zu fönnen. Jh glaube, daß ſie große Kieſel in ihren Magen aufnehmen, um dadurch das Zerreiben der Nahrung, wie bei vielen Vögeln, und zugleich eine reihlihe Abſonderung des Magenſaftes herbeizuführen; Magendies Verſuche ſprechen für dieſe Auffaſſung. Jm Apure finden ſie reihliche Nahrung an den Waſſerſhweinen, die in Rudeln von 50—60 Stüc an den Flußufern leben. Dieſe unglü>lichen Tiere beſißeu keinerlei Waffen, ſi< zu wehren; ſie ſ<hwimmen zwar etwas beſſer, als ſie laufen, aber im Waſſer werden ſie eine Beute der Krokodile, und auf dem Lande werden ſie von den Jaguaren gefreſſen. Man begreift kaum, wie ſie bei den Nachſtellungen zweier ſo gewaltiger Feinde ſo zahlrei ſein können. Zu unſerer Überraſchung ſahen wir ein mächtiges Krokodil mitten unter dieſen Nagetieren regungslos daliegen und ſchlafen; es erwachte, als wir mit unſerer Pirogue näher kamen, und ging langſam dem Waſſer zu, ohne daß die Waſſerſhweine unruhig wurden. Unſere Jndianer ſahen den Grund dieſer Gleichgültigkeit

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