Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Spihkrokodil: Gefährlichkeit. Feinde. Fortpflanzung. Ruhe in der Trockenzeit. 501

Über die Fortpflanzung gibt ſchon der alte Ulloa Auskunſt. / Sie legen“, ſo erzählt er, „binnen 2 Tagen wenigſtens 100 Eier in ein Loch im Sande, de>en es zu und wälzen ſih darüber, um die Spuren zu verbergen. Hierauf entfernen ſie ſi< einige Tage, kommen ſodann in Begleitung des Männchens zurü>, harren den Sand auf und zerbrechen die Schalen, die Mutter ſezt die Jungen auf den Rü>en und trägt ſie ins Waſſer. Unterwegs holt der Rabengeier einige weg, und auh das Männchen frißt ſo viele, wie es kann; ja ſogar die Mutter verzehrt diejenigen, welche herunterfallen oder nicht glei<h ſ{<wimmen können, fo daß zulegt niht mehr als 5 oder 6 übrig bleiben. Die Ráäbengeier ſind auf die Kroktodileier ungemein erpiht und halten ſich daher im Sommer wie Schildwachen auf den Bäumen verborgen, beobachten geduldig das Weibchen beim Legen und ſtürzen ſich erſt, wenn es weg iſt, auf das Neſt, ſcharren es mit Schnabel und Krallen auf und zanken ſich um die Eier.“ F< brauche wohl kaum zu erwähnen, daß Ulloa wieder einmal Wahres und Falſches untereinander mengt. Das Wahrſcheinlihe wird durch A. von Humboldt beſtätigt. „Die Krokodile“, ſagt er, „legen ihre Eier in abgeſonderte Löcher, und das Weibchen erſcheint gegen Ende der Brutzeit wieder, ruft den Jungen, die darauf antworten, und hilft ihnen meiſt aus dem Boden.“ Ob der große Forſcher hier aus eigner Anſchauung ſpricht oder nur Gehörtes wiedergibt, weiß ih niht, da ih eine auf die Angelegenheit bezügliche Stelle von ihm, auf welche er hinweiſt, niht habe finden können. Unwahrſcheinlih iſt es nah den neueren Forſchungen A. Völtkows beim Nilkrokodile durchaus niht. Die jungen Krokodile ziehen kleinere Lachen und Waſſergräben den breiten und tiefen Flüſſen vor und ſind zuweilen in rohrumſtandenen Gräben in ſolher Menge zu finden, daß man auch von ihnen ſagen kann, ſie wimmeln hier wie Würmer durcheinander.

Aus den übrigen Angaben A. von Humboldts geht hervor, daß die Orinoko-Krokodile Sommerſchlaf halten. Unterhalb des Einfluſſes des Rio Arauka““/ ſo heißt es in der Reiſebeſhreibung, „zeigten ſi< mehr Krokodile als bisher, beſonders einem großen See gegenüber, der mit dem Orinoko in Verbindung ſteht. Die Jndianer ſagten uns, dieſe Krofodile fämen aus dem tro>enen Lande, wo ſie in dem Schlamme der Savanne begraben gelegen haben. Sobald ſie nah den erſten Negengüſſen aus ihrer Erſtarrung erwachen, ſammeln ſie ſi< in Rudeln und ziehen dem Strome zu, auf welchem ſie ſih wieder zerſtreuen. Hier, unter dem Wendekreiſe, wachen ſie auf, wenn es wieder feuchter wird, in dem gemäßigten Georgien und Florida hingegen werden ſie erwe>t durch die wieder zunehmende Wärme, die ſie aus ihrer Erſtarrung oder einem Zuſtande von Nerven- und Muskelſ<wäche erlöſt, in wel<hem die Atmung unterbrochen oder doch ſehr ſtark beſchränkt iſt. Die Zeit der großen Trockenheit uneigentlih der Sommer des heißen Gürtels genannt, entſpriht dem Winter des gemäßigten und es iſt phyſiologiſh ſehr merkwürdig, daß in Nordamerika die Alligatoren zur ſelben Zeit der Kälte wegen im Winterſchlafe liegen, während welcher die Krokodile in den Llanos ihren Sommerſhlummer halten. Erſchiene es als wahrſcheinlih, daß dieſe derſelben Familie angehörigen Tiere einmal in dem nördlichen Lande zuſammengelebt hätten ſo könnte man glauben, ſie fühlten au<, näher nah dem Gleicher verſeßt, noh immer, nachdem ſie 6—7 Monate ihre Muskeln gebraucht, das Bedürfnis auszuruhen und blieben auh unter einem neuen Himmelsſtriche ihrem LebenSsgange treu, der aufs innigſte mit ihrem Körperbaue zuſammenzuhängen ſcheint. Man zeigte uns eine Hütte oder vielmehr eine Art Schuppen, in welchem unſer Wirt einen höchſt mertwürdigen Auftritt erlebt hatte. Er ſ<hläft mit einem Freunde auf einer mit Leder überzogenen Bank; da wird er frühmorgens durch heſtige Stöße, lauten Lärm und polternde Erdſchollen, die in die Hütte geſchleudert werden, aufgeſchre>t. Nicht lange, ſo kommt ein junges, meterlanges Krokodil unter der Schlafſtätte hervor, fährt auf einen Hund los, der auf der Thürſchwelle liegt, verfehlt ihn im ungeſtümen Laufe, eilt dem Ufer zu und