Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

514 Zweite Ordnung: Panzerechſen; einzige Familie: Krokodile.

Paarungszeit verbreiten die Krokodile, hauptſächlih wohl die männlichen, einen ſo jtarken Moſchusgeruch, daß man unter Umſtänden von ihrem Vorhandenſein dur die Naſe eher unterrichtet wird als dur das Auge, oder den Moſhusdunſt auf Ruhepläßen no< dann wahrnehmen kann, wenn die Tiere ſie bereits wieder verlaſſen haben. Von etwaigen Kämpfen zwiſchen verliebten Männchen habe ih nihts vernommen, dagegen wiederholt erzählen hören, daß die Begattung auf Sandbänken erfolge und das Weibchen dabei vom Männhen erſt auf den Nücen gewälzt und ſpäter wieder umgedreht werde. Die Anzahl der Eier, die in Geſtalt und Größe Gänſeeiern ähneln und etwa 9 cm lang, 6 em breit ſind, ſ<wankt zwiſchen 20 und 90 Stü; ihrer 40—60 mögen im Mittel ein Gelege bilden. Sie werden von dem Weibchen in eine tiefe Grube gelegt und vermittelſt des Schwanzes mit Sand bede>t. Es ſoll alle Spuren ſeiner Arbeit ſorgfältig verwiſchen. Die Sudaneſen behaupten, daß die Krokodilmutter ihre Eier bewache und den auskriehenden Jungen behilflih ſei, ihnen aus dem Sande heraushelfe und ſie dem Waſſer zuführe.

A. Voelzkow fand das friſche Neſt in Oſtafrika am 19. Januar etwa 5—6 Schritt vom Ufer entfernt an einer kahlen Bodenſtelle. Am Grunde einer etwa 0,5 m tiefen Grube fanden ſi die 79 Eier in 4 Haufen. Ein eigentlicher Neſtbau war nicht vorhanden, aber eine gewiſſe Sorge für die Brut von ſeiten der Krokfodilmutter fonnte doh nachgewieſen werden, indem ſie bei Tage über dieſer Stelle bis zum Ausſ{hlüpfen der Jungen, das nach 2 Monaten geſchieht, Wache hielt. Die Ei- Ablage erfolgt nah dieſem Beobachter nur einmal im Jahre, von Ende Januar bis Anfang Februar. Emin Paſcha und F. Stuhlmann ergänzen dieſe Beobachtungen dahin, daß die Zeit der Ei- Ablage für verſchiedene Orte eine verſchiedene iſt. Jn Zwiſchenräumen von 2 Tagen legt na< ihren Beobachtungen das Weibchen ſeine 90—100 Eier in 4—5 ſelbſtgeſharrte Gruben, die ſtets dicht bei einander liegen. Die Entwickelungsdauer der Eier betrage 40 Tage. Von einer Brutpflege des Weibchens konnten ſi die genannten Forſcher niht überzeugen. Auch in Madagaskar hat A. Voeltkow ſeine Unterſuchungen über die Entwi>elung des Nilkrokodiles fortgeſeßt. „Das größte bis jeßt von mir gemeſſene Krokodil Nordweſt - Madagaskars hatte eine Länge von 3,75 m, doh gibt es noh bedeutend größere. Die Eiablage beginnt hier in den leßten Tagen des Auguſt und dauert bis gegen Ende September. Die Anzahl der Eier eines Geleges ſ<hwankt zwiſchen 20 und 30 Stü. Das Neſt iſt in den Erdboden gegraben und beſteht aus einer etwa 0,5 m tiefen Grube mit teilweiſe ſteilen Wänden. An ihrem Grunde ſind dieſe unterhöhlt, und hier befinden ſi die Eier. Da der Boden dev Grube in der Mitte etwas erhöht iſt, ſo rollen die Eier, wenn ſie das Muttertier ablegt, von ſelbſt in die unterhöhlten Stellen. Höthſt ſelten findet man ein paar Eier in der Mitte der Grube liegen, wohl ein Beweis dafür, daß das Weibchen die Eier niht ſelbſt mit den Füßen an die unterhöhlten Stellen befördert, denn dann würden ſih in der Mitte der Grube ja niemals welche vorfinden. Die Grube wird darauf zugeſcharrt und iſt von außen in keiner Weiſe kenntlih. Das alte Krokodil ſ<läft auf dem Neſte; daher finden die Eingeborenen die Eier, indem ſie deſſen Spuren vom Waſſer aus nachgehen.

„Faſt ſämtliche Neſter waren in den tro>enen, weißen Sand hineingegraben, einige in den humusreichen Boden, jedoh ſo, daß ſie von der Feuchtigkeit nicht erreiht werden fonnten; friſh abgelegte Eier ſind nämlih ganz ungemein empfindlih gegen Näſſe.

Wie die Sakalava-Leute mir erzählten, ſcharrt zur Zeit, wenn die Eier zum Ausſchlüpfen reif ſind, das alte Tier die Grube auf; hieran zu zweifeln, hatte ih keinen Grund, da ih ſelbſt zahlreiche Gruben, aus welchen der Sand entfernt war, und welche die zerbrochenen Eiſchalen enthielten, beſichtigt hatte. Es entſtand nun die Frage, woher weiß das Muttertier, daß die Eier weit genug entwi>elt ſind und es nun Zeit zum Aufſcharren iſt? Dies Rätſel hatte eine ſehr einfache Löſung.