Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Hechtalligator: Aufenthalt. Weſen. Beutetiere. Fortpflanzung. DSS

Schafe und Ziegen, die ans Waſſer kommen, um zu trinken, Hunde, Hirſche und Pferde, die es dur<ſ<hwimmen, laufen Gefahr, von den Alligatoren ertränkt und nachträglich verzehrt zu werden; die eigentlihe Nahrung aber ſind Fiſche. Bei den alljährlich ſtattfindenden Überſhwemmungen der dortigen Flüſſe füllen ſih die großen, mit ihnen zuſammenhängenden ſeihten Seen und Moräſte nicht bloß mit Waſſer, ſondern auch mit Fiſchen an, auf welche nun die Alligatoren jagen. Nach dem Zurücktreten des hohen Waſſers werden alle dieſe Seen verbindenden Waſſeradern tro>en gelegt und die Fiſche den tieferen Stellen zugetrieben; hier nun verfolgen ſie die Panzerechſen, von einer Vertiefung oder, wie man in Amerika ſagt, von einem Alligatorloche zum anderen wandernd. Nah Sonnenuntergang hört man das Geräuſch, das die Raubtiere mit ihrem Schwanze verurſachen, auf weite Entfernung, und wenn man zur Stelle kommt, ſieht man, wie ſie durch die Bewegungen das Waſſer aufrühren und die Fiſche ſo in Angſt verſeßen, daß dieſe zu Hunderten über die Oberfläche emporſpringen, in der Abſicht, ihrem grimmigſten Feinde zu entgehen, oft aber auh dur die Shwanzſchläge dem zähneſtarrenden Rachen zugeführt werden. Audubon beluſtigte ſi< zuweilen, den in einem Lohe gerade verſammelten Alligatoren eine mit Luft gefüllte Rindsblaſe zuzuwerfen. Eins der Tiere näherte ſih ihr, peitſchte ſie nah ſi zu oder ſuchte ſie mit den Zähnen zu faſſen: die Blaſe glitt aus; andere verſuchten die anſcheinende Beute geſchi>ter zu faſſen: und ſo geſchah es, daß ſie zuweilen förmlih Fangball mit ihr ſpielten. Manchmal wirft man ihnen auch eine verkorkte Flaſche zu, die leichter gefaßt werden kann: dann hört man, wie das Glas zwiſchen den Zähnen knirſcht und zerbricht und wünſcht dem überall mit \heelen Augen angeſehenen gepanzerten Räuber ſchaden{roh eine geſegnete Mahlzeit.

Während der Begattungszeit im Frühjahre fürchtet man die Alligatoren. Der Paarungstrieb erregt ſie. Die Männchen liefern ſi< zu Waſſer und zu Lande Zweikämpfe, werden dadurch erbittert und ſcheuen ſih jet wenig oder niht mehr vor dem Menſchen, vielleiht auh deshalb niht, weil in dieſer Zeit alle Niederungen überſ<hwemmt ſind und es ihnen ſ<wer fällt, die nunmehr vereinzelten Fiſche zu fangen. Geraume Zeit ſpäter legt das befruchtete Weibchen ſeine verhältnismäßig kleinen, weißen, mit einer harten, fkalfkigen Schale bede>ten Eier ab, deren Anzahl zuweilen 100 überſteigen kann, nah den übereinſtimmenden Angaben Audubons, Lütelbergers und Lyells, in beſondere Neſter, die es ſih erbaut. Es wählt dazu eine paſſende, meiſt 50—60 Schritt vom Waſſer entfernte Stelle im dichten Geſträuche oder Röhricht, trägt Blätter, Stöcke und dergleichen im Nachen herbei, legt die Eier ab und de>t ſie ſorgſam zu. Fortan ſoll es beſtändig in der Nähe des Neſtes auf Wache liegen und grimmig über jedes Weſen, das ſi<h den Eiern nähert, herfallen. Die Wärme, die ſi< dur Gärung der Pflanzenſtoffe entwidelt, zeitigt die Eier; die jungen Alligatoren arbeiten ſich höchſt geſhi>t durch die fie bedetenden Pflanzen, werden von der Mutter empfangen und nunmehr dem Waſſer zugeführt, gewöhnlich zunächſt in kleine abgeſonderte Tümpel, um ſie vor dem Männchen und vor den größeren Sumpfvögeln zu ſichern. S. F. Clarke hat neuerdings Mitte Juni zwei Neſter in Florida gefunden, die 29 und 30 Eier enthielten. Das Ei iſt hartſchalig, weiß und mißt 67 bis 58 mm in der Länge, 39—45 mm in der Breite.

Die Zählebigkeit der Alligatoren erſchwert ihre Jagd; denn auch ſie tötet ſofort nur eine Kugel, die das Hirn oder das Herz durhbohrt, beſſer aber ein tüchtiger Schrotſchuß. Vfter als das Feuergewehr wendet man große Nebe an, mit welhen man die Tümpel ausfiſcht; die gefangenen werden dann auf das Ufer herausgezogen und mit Äxten totgeſchlagen. Einzelne Neger beſißen große Übung darin, ſie mit Schlingen zu fangen, werfen ihnen, wenn ſie in der Nähe des Ufers ſhwimmen, ein Seil über den Kopf und ziehen ſie daran ebenfalls aus dem Waſſer heraus. Angeſchoſſene Alligatoren bringen unter den übrigen