Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

538 Zweite Ordnung: Panzerechſen; einzige Familie: Krokodile.

Ein anderer Mohrenkaiman, den Shomburgks Begleiter früher erlegt hatte, zeigte noh längere Zeit, nahdem er die Kugel erhalten hatte, dur heftige Bewegungen an, daß ihm der Lebensodem noch fkeineswegs ausgeblaſen worden war. Die Strahlen der Sonne ſchienen ihm, nachdem man ihn bereits auf den Strand gezogen hatte, neues Leben zu geben: der totgeglaubte Feind begann ſih zu regen, ſchi>te ſih ſogar zum Angriffe an. Mehrere Jndianer eilten davon und brachten Pfähle herbei; der kühnſte von ihnen ſtürmte auf das Tier zu, das ihn mit aufgeſperrtem Rachen erwartete, und ſtieß die Spive des Pfahles tief in den Schlund hinab. „Obſchon der Kaiman ſeinen Rachen kräftig ſ{hloß und tief in den Pfahl einbiß, ſchien ihm, nah ſeinem tiefen Stöhnen zu urteilen, dieſe Art des Angriffes do< niht zu gefallen. Zwei andere herzhafte Fndianer hatten ſi< ihm unterdeſſen von hinten genähert und ließen nun ihre Keulenſchläge auf die Schwanzſpiße hernieder regnen. Bei jedem Schlage bäumte ſi<h das Tier ſhäumend empor und riß den Rachen auf, in welchen dann jedesmal ſchnell ein neuer Pfahl eingeſtoßen wurde. Daß die Shwanzſpige, die nah der Behauptung der Fndianer der Sig des Lebens ſein ſoll, einer der empfindlichſten Teile dieſes Tieres iſt, zeigte die Thatſache, daß es ſich bei jedem Schlage auf dieſe Stelle wütend aufbäumte, während die zahlloſen Schläge auf ſeinen Kopf und Rü>ken ganz unbeachtet blieben. Nah langem und wütendem Kampfe wurde der Räuber endlich getötet.“ ;

Der weit über Südamerika verbreitete und von ſcharfen Beobachtern geſchilderte Schafare (Caiman latirostris, Crocodilus latirostris, Alligator latirostris und cynocephalus, Champsa fissipes, Jacare fissipes und latirostris) iſt vielfah mit dem Brillenkaiman (Caiman sclerops, Crocodilus, Champsa und Jacare seclerops, Crocodilus caiman und yacare, Jacaretinga punctulata, Alligator sclerops Und punctulatus, Champsa vallifrons und punctulata, Jacare punctulata, vallifrons, Iongiscutata, ocellata, multiscnutata und hirticollis und Alligator chiapasius) verweſelt worden, die Entſcheidung über die Art, von welcher die verſchiedenen Reiſenden ſprechen, daher ſchwierig, teilweiſe unmöglich. Bei beiden ſind die oberen Augenlider zum Teile fnöchern, zum Teile häutig, auf der Oberflähe gerunzelt und mit einem kleinen, aufgerichteten Hörnchen verſehen, die Augende>en vorn dur eine Querleiſte verbunden, die zu dem Namen Brillenkaiman Veranlaſſung gegeben hat, bei beiden die vorderen Naen\childe groß und in 2, höchſtens 3 Querreihen angeordnet: bei dem Schakare aber bilden die hinteren Na>enſchilde 3 oder 4, bei dem Brillenkaiman ſtets 5 Querreihen. Auch erreiht der Schakare bis 3,5, der etwas langſhnauzigere Brillenkaiman höchſtens 2,8 m Länge. Die Färbung der Oberſeite iſt bei beiden dunkel olivenbraun, an den Seiten mit gräulicher Marmelzeichnung, die der Unterſeite grüngelblihweiß.

Der Schakare bewohnt Südamerika öſtlich der Andes, vom Amazonenſtrome bis zum La Plata-Fluſſe, und vorzugsweiſe den ſüdlichen Teil Oſtbraſiliens, Uruguay und das nord: öſtliche Peru; der Brillenkaiman lebt in ganz Mittel- und Südamerika von der Landenge von Tehuantepec bis zum La Plata-Fluſſe in etwa 32 Grad ſüdl. Breite, in Guayana, Braſilien, im nordöſtlichen Peru und in Argentinien. Leßterer fehlt jedo<h in der braſiliſhen Provinz Nio Grande do Sul.

Azara und der Prinz von Wied haben die Lebensweiſe des Schakares mit genügender Ausführlichkeit beſchrieben. Auch er liebt ruhige Flußarme oder ſtehende Gewäſſer mehr als reißende Ströme und iſt deshalb in den großen Waldſümpfen des Fnneren beſonders häufig. Jn mehreren großen, \<hnellfließenden Strömen hat der Prinz von Wied feine Schakares beobachtet, viele dagegen in toten Seitenarmen oder in langſam fließenden Bächen, die meiſten in Sümpfen und Lachen. Solange dieſer gierige Räuber, im Waſſer