Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Doſenſchildkröte. Gebaren der echten Landſchildkröten. 575

Jnnerhalb ihrer Klaſſe gehören die Landſchildkröten zu den trägſten und gleichgültigſten Geſchöpfen. Fede ihrer Bewegungen iſt plump, \{werfällig und unbeholfen. Sie ſind im ſtande, ziemlih weite Stre>en in einem Zuge zu durhwandern, thun dies jedo<h mit einer Langſamkeit ohnegleichen, träge einen Fuß vor den anderen ſchend und den {weren Körper gleihſam mit Widerſtreben vorwärts ſchiebend. Jede Bewegung geſchieht aber mit bedeutender Kraft und Ausdauer. Jns Waſſer geworfene oder zufällig dahin geratene Landſchildkröten ſinken wie Steine zu Boden, ſtrampeln hier aber ruhig weiter und gelangen ſo nah geraumer Zeit wieder an das Ufer, ohne irgend wel<hen Schaden erlitten zu haben. Viel ſ<hwieriger wird es ihnen, ſi< umzudrehen, wenn ſie dur andere ihrer Art oder dur Feinde auf den Rü>en gewälzt wurden: ſie müſſen dann oft lange Zeit mit dem Kopfe und Schwanze arbeiten, bevor es ihnen gelingt, ſi< umzuwenden: denn die ungelenkten Füße verſagen ihnen hierbei ihre Dienſte. Können ſie aber in dieſer Lage einen Zweig oder Halm mit dem Maule erreichen, ſo beißen ſie hinein und wälzen ſich dur Einziehen des Halſes dann leichter um. Auſffallenderweiſe zeigen ſie ſich in einer anderen Bewegungsfertigkeit verhältnismäßig geſchi>t: ſie verſtehen nämlich in einem gewiſſen Grade zu klettern. Eine eigentlihe Stimme ſcheinen ſie niht hervorbringen zu können: wenn ſie gereizt werden, ſtoßen ſie höchſtens ein ſ{<naubendes Blaſen aus, nicht aber einen wirkli klingenden Ton. Die höheren Fähigkeiten ſtehen im Einklange mit dem kleinen Gehirne, das überhaupt nur der Sinne halber vorhanden zu ſein ſcheint. Doch läßt ih ein gewiſſes Maß geiſtiger Begabung nicht in Abrede ſtellen. Sie bekunden ziemlih entwi>elten Ortsſinn, geben Beweiſe von Gedächtnis und laſſen zuweilen ſogar eine gewiſſe Überlegung oder wenigſtens Abſicht bemerkli<h werden. „Auf flahem Tiſche beachtet die Horsfieldſhe Schildkröte (Testudo horsfieldi)“ wie O. Boettger berichtet „ſehr wohl die unheimliche Höhe vom Erdboden, in der ſie ſi befindet, und kreiſt fortwährend am Rande des Tiſches, ab und zu den Kopf nah unten ſtre>end, um die Höhe zu berechnen, ohne hinunterzufallen. Gelegentlih, namentlih wenn ſie an heißen Tagen beſonders lebhaft iſt, verſucht ſie aber do< einmal, ſi< von dem Tiſche hinabgleiten zu laſſen, und iſt ihr dies Wageſtück einmal geglü>t, ſo wiederholt ſie es, wenn ſie auch gleih wieder hinaufgehoben wird, kurz darauf no< zwei- bis dreimal ein Beweis dafür, daß ſie jeßt die Ungefährlichkeit ihres Verſuches erkannt hat. Befindet ſi< zwiſchen Tiſch und Boden ein weiterer Gegenſtand, ein Stuhl oder mein Bein, ſo wählt ſie klugerweiſe ſtets dieſen Weg beim Hinabgleiten, um ihren ſ{hweren Fall etwas abzuſchwächen.“ Angeſichts eines Feindes gebrauchen ſie das Schuzmittel, ihre Gliedmaßen einzuziehen und im Panzer zu verbergen, ermüden hierdur<h na<h und na< auch den geduldigſten Gegner; denn einmal erſhre>t, ziehen ſie bei der geringſten Veranlaſſung ihre Glieder wieder in die ſchützende Hülle zurü>. Unter ſi legen ſie niht ſelten ein Gefühl gegenſeitiger Anhänglichkeit, anderſeits auh der Abneigung an den Tag. Selbſt unter ihnen macht ſich die Eiferſucht geltend. Zwei Männchen können eiferſüchtig um den Beſiß eines Weibchens kämpfen und einen ſolhen Kampf längere Zeit mit einer gewiſſen Hartnäckigkeit fortführen. Dem erforenen Weibchen folgen die verliebten Tiere tagelang, jedo< nur während der Zeit der Paarung; wenn leßtere vorüber iſt geht jedes einzelne, unbekümmert um das andere, ſeinen Weg. Beim Ablegen der Eier bekunden \ie die unter ihren Ordnungsgliedern übliche Sorgſamkeit , den ausgeſchlüpften Jungen gegenüber aber vollſtändige Gleichgültigkeit.

Die Nahrung beſteht hauptſählih aus weichen Pflanzenteilen , die ſie abweiden oder rihtiger abſchneiden. Die größeren Arten freſſen gierig allerlei Kraut in erheblicher Menge, die kleineren mit mehr Auswahl Blattteile, Pflanzenſproſſen und Früchte; erſtere weiden rupfend, lebtere ſ{hneiden mit den ſcharfen Kieferrändern aus oder trennen den erfaßten Viſſen dur ru>weiſes Zurückziehen des Kopfes ab. Gelegentlich ſollen ſie auh mancherlei