Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Sternſhildkröte: Verbreitung. Gebaren. Gefangenleben. Fortpflanzung. 583

Mittagsſtunden ebenſo, wie früher gegen die Kälte, gegen die Hiße zu ſhüßen ſuchen und nur gegen Sonnenuntergang zum Vorſchein kommen.

Hutton hielt mehrmals Sternſchildkröten in Gefangenſchaft, einmal deren ſieben, vier Männchen und drei Weibchen, zuſammen, brachte ſie in einem weiten Gehege unter, verſah ſie mit Waſſer, friſhem und tro>enem Graſe, auch einem großen Haufen von Reiſig und grobem Heu, der ihnen zum Schlupfwinkel diente, und beobachtete ſie hier ſorgfältig. Während der heißen Zeit verblieben ſie den ganzen Tag über in ihrem Verſte>e und kamen erſt kurz vor Sonnenuntergang hervor, um zu freſſen, zogen ſih aber bei Nacht nicht wieder zurü>, ſondern verweilten, anſcheinend ſ{<lafend , auf einer Stelle als wollten ſie ſih der Kühle erfreuen, und wanderten erſt mit Anbruch des Tages wiederum ihrem Schlupfwinkel zu. Fn dieſer Zeit nahmen ſie auh öfters ein Bad, indem ſie ins Waſſer ſtiegen, hier meiſt eine halbe Stunde lang verweilten und ſich dabei gelegentlich entleerten. Sie tranken jezt au< viel Waſſer.

Mit Beginn der Regenzeit wurden ſie lebendiger, wanderten während des ganzen Tages in ihrem Gehege umher, fraßen, ruhten wiederum und trafen endli<h Anſtalten zur Paarung. Oft folgten ſih zwei Männchen in kurzen Zwiſchenräumen, ohne jedo<h das Weibchen, das währenddem, ruhig freſſend, auf einer Stelle verblieb, zu beläſtigen. Bei der Begattung beſtiegen die Männchen die erwählten Weibchen nah Art ſich paarender Säugetiere, indem ſie mit den Vorderbeinen die Schale umklammerten, mit den Hinterbeinen aber auf dem Boden ſtehen blieben. Während der Vereinigung, die oft 10—15 Minuten dauerte, ließ das Männchen zeitweilig einen grunzenden Laut vernehmen. So lange die Regenzeit anhielt, alſo von Ende Juni bis Mitte Oktober, ließen die Weibchen die Männchen zu; dann zeigten ſih beide Geſchlechter wiederum gleichgültig gegeneinander. Zwei Männchen kämpften nicht ſelten zuſammen, zogen Kopf und Vorderfüße ein, ſtemmten die Hinterbeine gegen den Boden und ſchoben nunmehr beide Panzer ſo lange gegeneinander, bis einer der beiden Kämpfer ermattet abließ. Zuweilen gelang es dem einen, ſeinen Gegner umzuwenden und auf den Rücken zu werfen, aus welcher Lage er ſih dann immer nur dur geradezu verzweifelte Anſtrengungen mit Kopf und Füßen zu befreien vermochte. An ſolchen Kampfſpielen beteiligten ſi au< die Weibchen, und ſie gingen, dant ihrer Größe und Stärke, gewöhnlih als Sieger aus dem Ringen hervor.

Am 11. November begann eine der weiblichen Schildkröten eine Grube zur Aufnahme ihrer Eier auszutiefen, und zwar geſchah dieſes in folgender Weiſe: Nachdem ſie einen abgelegenen Plaß in der Nähe eines Buſches dichten und groben Graſes erwählt hatte, befeuchtete ſie ihn zunächſt mit Harn, den ſie aus dem Aſter fließen ließ, und kraßte nunmehr die erweichte Erde mit den Hinterfüßen weg, wobei ſie einen Fuß um den anderen bewegte. Fndem ſie fortfuhr, tropfenweiſe Waſſer abzulaſſen, verwandelte ſie den Boden allgemach in ſteifen Schlamm und vermochte nunmehr erſt, ihn nah Wunſch zu bearbeiten. Nach ungefähr zweiſtündiger Arbeit hatte ſie eine Vertiefung von 10 cm Durchmeſſer und 15 cm Tiefe ausgegraben, legte in dieſer 4 Eier ab, füllte ſie mit der ausgeſcharrten Erde wieder zu, ſtampfte dieſe mit Hilfe der Hinterbeine in die Grube ein und rammte den Boden, nachdem die Vertiefung gefüllt war, außerdem noh dadur<h feſt, daß ſie ſich, jo hoch ſie konnte, auf den Beinen erhob und plößlih fallen ließ. Hierdurch ebnete ſie den Plab ſo vollkommen, daß Hutton die Stelle niht gefunden haben würde, hätte er die Schildkröte nicht bei ihrer Arbeit beobachtet. Nachdem \ie ihr Werk vollendet hatte, verließ ſie den Plag ſofort, blieb aber bald auf einer Stelle liegen, als ob ſie von ihrer Arbeit ermüdet wäre. Lettere hatte 4 volle Stunden in Anſpruch genommen.

Als die falte Jahreszeit anbra<h, wurden ſämtliche gefangenen Sternſchildkröten träger, verließen ſeltener und immer ſeltener ihren Schlupfwinkel, verblieben endlih vom