Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

588 Dritte Ordnung: Schildkröten; fünfte Familie: Landſchildkröten.

der in ihr aufgeſpeicherten Flüſſigkeit ausgedehnt; ſpäter nimmt jene an Umfang ab und vermindert ſih die Reinheit dieſer. Die Einwohner benußten, wenn ſie in der Niederung von Durſt befallen werden, dieſen Umſtand zu ihrem Vorteile, indem ſie eine Schildfröte töten und, falls die Blaſe gefüllt iſt, deren Fnhalt trinken. J< ſah eine töten, bei welcher die gedachte Flüſſigkeit ganz hell war und nux einen {hwa<h bitteren Geſhma> hatte. Die Einwohner trinken übrigens ſtets zuerſt das Waſſer aus dem Herzbeutel, welches das beſte ſein ſoll.

„Wenn die Schildkröten einem beſtimmten Punkte zuwandern, gehen ſie Tag und Nacht und kommen viel früher am Ziele ihrer Reiſe an, als man erwarten ſollte. Die Einwohner glauben, nah Beobachtungen an gezeichneten Stücken annehmen zu dürfen, daß die Tiere eine Entfernung von ungefähr 8 Meilen in 2 oder 3 Tagen zurü>legen fönnen. Eine große Schildkröte, die ih beobachtete, ging mit einer Schnelligkeit von 60 Yards in 10- Minuten, was, wenn man eine kurze, unterwegs zum Freſſen verwendete Zeit abrehnet, täglih rund 4 engliſhe Meilen ausmachen würde.“ Fhre Schritte find, wie Porter bemerkt, langſam und unregelmäßig, aber ſhwer; und ſie trägt beim Gehen ihren Leib ungefähr 30 cm über dem Boden.

„Während der Fortpflanzungszeit, die beide Geſchlechter vereinigt“, fährt Darwin fort, „hört man vom Männchen ein heiſeres Brüllen oder Blöken, das man noh in einer Entfernung von mehr als 100 Schritt vernimmt. Das Weibchen gebraucht ſeine Stimme nie und das Männchen die ſeinige auh nur während der Paarung, ſo daß die Leute, wenn ſie die Stimme hören, wiſſen, daß beide Geſchlechter ſih vereinigt haben. Die Weibchen legten gerade jett, im Oktober, ihre Eier. Da, wo der Boden ſandig iſt, graben ſie Löcher, legen die Eier zuſammen in ein Loh und de>en dieſes mit Sand zu; auf ſteinigem Grunde hingegen laſſen ſie die Eier aufs Geratewohl in ein Loch fallen. Bynoe fand ihrer ſieben der Reihe nah in einer Spalte liegen. Das Ei iſt weiß und kugelig; eins, das ih maß, hatte 18 cm im Umfange.“ Porter bemerkt hinſichtlih der Fortpflanzung, daß die Weibchen wahrſcheinlih nur um zu legen vom Gebirge herab in die ſandigen Ebenen kommen. Unter allen denen, die er mit ſich nahm, befanden ſi< bloß drei Männchen, und auch dieſe waren weit im Fnneren in der Nähe der Berge gefangen worden. Alle Weibchen dagegen trugen ſi mit reifen Eiern, je mit 10—14, die ſie offenbax in den ſandigen Ebenen ablegen wollten.

„Während des Tages“, ſo berichtet Porter über ſeine Beobachtungen, „ind die Schildfröten auffallend ſcharfſihtig und furhtſam, was daraus hervorgeht, daß ſie bei der geringſten Bewegung irgend eines Gegenſtandes ihren Kopf und Hals in der Schale bergen; des Nachts aber ſcheinen ſie vollkommen blind zu ſein, ebenſo wie ſie taub ſind. Der lauteſte Lärm, ſelbſt das Abfeuern eines Schuſſes, behelligt ſie niht im geringſten, macht niht den leiſeſten Eindru> auf ſie.“

Darwin beſtätigt dieſe Angaben. „Die Einwohner glauben, daß dieſe Tiere gänzli taub ſeien; ſo viel iſt gewiß, daß ſie jemand, der gerade hinter ihnen geht, niht hören. Es ergößte mich immer, wenn ich eins von dieſen Ungeheuern, das ruhig dahinſchritt, überholte und nun ſah, wie es in demſelben Augenbli>e, der mich an ihm vorüberführte, Kopf und Beine einzog, ein tiefes Ziſchen ausſtieß und mit lautem Schalle zu Boden fiel, als ob es tot wäre. J<h ſeßte mih häufig auf ihren Rü>ken; und wenn ih ihnen auf den hinteren Teil der Schale einige Schläge gab, ſo ſtanden ſie auf und gingen hinweg; ih fand es jedo<h ſhwierig, das Gleichgewicht zu behaupten.“

„Kein Tier kann zuträglicheres, ſüßeres und \{<ma>hafteres Fleiſch bieten als dieſe Schildkröten“, verſichert Porter, und auch dieſer Angabe widerſpriht Darwin nicht. „Das Fleiſh“/ ſo ſhließt ex, „wird ſowohl friſch als auch geſalzen vielfah gebraucht und