Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Cchte Kavrette: Verbreitung Fortpflanzung Schildpatt. Gefangenleben. 605

Das Schildpatt übertrifft niht bloß hinſichtlih ſeiner Shönheit und Güte jede andere Hornmaſſe, ſondern läßt ſih auch leiht zuſammenſchweißen. Es genügt, die einzelnen Tafeln, die ungleih di> und ſpröde ſind, in ſiedend heißes Waſſer zu tauchen und ſie dann zwiſchen Metallwalzen zu preſſen. Bei hinreichendem Drue kleben ſie ſo feſt aneinander, daß man die einzelnen Teile niht mehr unterſcheiden kann, behalten auc jede ihnen im erweihten Zuſtande beigebrahte Form, na<hdem ſie langſam erhärtet ſind, voll: kommen bei und eignen ſi< ſomit vortreffli<h zu Doſen und Kämmen. Selbſt die Abfälle werden noh benußt, da man mit ihnen die Vertiefungen zwiſchèn den einzelnen Tafeln ausfüllt und ſie wieder in der Wärme ſo lange preßt, bis ſie ſich mit jenen innig verbunden haben. Der des Pattes entkleidete Rükenſchild wird hier und da ebenfalls verwendet, ſo, laut Klunzinger, von den arabiſchen Schiffern zum Auspußte ihrer Barken: Das aus dem Fette geſ<hmolzene Schildkrötenöl endlih gilt ſogar *in den Augen einzelner Europäer als wahres Wundermittel. Das feinſte und teuerſte Schildkrot ſtammt von Celebes, von wo es nah China ausgeführt wird. Fn Europa wird es namentlich in Neapel in großartigſtem Maßſtabe verarbeitet.

BViſſaſchildkröten gelangen ebenſo oft wie Suppenſchildkröten lebend auf unſeren Markt, können daher ohne erhebliche Koſten erworben werden und dauern bei geeigneter Pflege ret gut in Gefangenſchaft aus. Klunzinger hielt, wie er mir brieflih mitteilte, während ſeines Aufenthaltes am Roten Meere wiederholt junge Tiere dieſer Art in einem mit der See in Verbindung ſtehenden Brunnen, in welchem ſie ſi< von Muſcheln zu ernähren ſchienen, fand jedoch, daß die Tiere ſtets eingingen, wenn im Frühjahre das Waſſer beſagten Brunnens ſich zu erwärmen begann. Dieſe Mitteilung iſt auffallend, weil anderſeits beobachtet wurde, daß auh Seeſchildkröten mäßig erwärmtes Waſſer verlangen, wenn ſie ſi< munter zeigen, überhaupt gedeihen ſollen. Sie bedürfen unter ſolhen Umſtänden nicht einmal unbedingt des Seewaſſers. F. von Fiſcher hat junge Seeſchildkröten mit beſtem Erfolge ſelbſt in jüßem Waſſer gehalten und mit Waſſeraſſeln und Flohkrebſen mühelos ernährt. Jh habe mehrere von ihnen gepflegt und ſie ſehr liebgewonnen. Anfänglich erſchienen ſie mir allerdings langweilig. Des Waſſers entwöhnt, mühten ſie ſih längere Zeit ab, bevor es ihnen gelang, in die Tiefe des ihnen gebotenen Beens hinabzuſteigen, und lagen, wenn ſie endlih in ihrem Elemente wieder heimiſ< geworden waren, tagelang auf derſelben Stelle; dies aber änderte ſih, wenn ſie zu Kräften gekommen waren. Von der Biſſigkeit, die man gefangenen Alten ihrer Art na<hſagt, habe ih bei meinen jungen Pfleglingen auc dann nichts bemerkt, als ſie dur< reihlihe Fütterung bereits wieder erſtarkt waren. Sie verurſachen, falls man ſie nicht in zu faltes, das heißt unter 12,5 Grad Celſius anzeigendes Waſſer ſebßt, wenig Umſtände, gehen bald ans Futter, nehmen die Nahrung dem Pfleger auh wohl aus der Hand oder Zange, greifen, troßdem ſie Fiſchfleiſch begieriger als jedes andere Futter verzehren, die in demſelben Be>en umherſ<hwimmenden Fiſche niht an und entzü>en jeden Beſchauer durch ihre wundervollen Bewegungen. Der von mir oben angewandte Vergleich mit fliegenden Naubvögeln drängt ſich jedem auf, welcher ſie ſ<hwimmen ſieht. Langſam, aber ſtetig bewegen ſie ihre Floſſen, und ruhig und gleihmäßig gleitet der Leib in jeder Nichtung durch die Schichten des Waſſers. Kein einziges mir bekanntes Mitglied anderer Familien ſ{hwimmt wie ſie, wie die Seeſchildkröten überhaupt. Niemals nimmt man Haſtigkeit an ihnen wahr; ſcheinbar ſpielend teilen ſie die Flüſſigkeit um ſih her, und dennoch legen ſie in derſelben Zeit die gleiche Stre>e zurü> wie eine kleine, heftig arbeitende Waſſerſchildkröte. Jhr Schwimmen iſt ein Schweben im Waſſer.