Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Allgemeines. Cierpläße. Ernte. 607

Gerippe unterſcheiden ſie ſi< von den Flußſchildkröten durc 11 ſtatt 9 Knochen im Bauchpanzer. Hierher rehnen wir 3 Gattungen mit 15 Arten, die dem tropiſhen und ſüdlichen Afrika, Madagaskar und Südamerika angehören und ſämtlih im ſüßen Waſſer der Bäche und Flüſſe leben. Bei einer Gattung (Sternothaerus) iſt der Vorderlappen des Bauchpanzers bewegli< eingelenkt und bildet eine Klappe.

Hinfichtlih ihrer Leben8weiſe, ihres Gebarens und Betragens kommen die Pelomeduſen in vielen weſentlihen Stü>en mit den übrigen in ſüßen Gewäſſern lebenden Schildfröten überein. Weiteres an dieſer Stelle über ſie zu ſagen, erſcheint unnötig, da die Lebensgeſchihte einer, ſogleih zu erwähnenden Art in einem der größten Forſcher aller Zeiten einen Beſchreiber gefunden hat und uns ſo vollſtändig übermittelt worden iſt, wie die irgend einer anderen Schildkröte überhaupt.

„Segen 11 Uhr vormittags“, ſo ſchildert A. von Humboldt, „ſtiegen wir an einer Inſel mitten im Strome aus, welche die Fndianer in der Miſſion Uruana als ihr Eigentum betrahten. Die Jnſel iſt berühmt wegen ihres Schildkrötenfanges oder, wie man hier ſagt, wegen der Eierernte, die jährlih hier gehalten wird. Wir fanden mehr als 500 Fndianer unter Hütten aus Palmblättern gelagert. Außer den Guanos und Otomaftos aus Uruana, die beide für wilde, unbezähmbare Stämme gelten, waren Kariben und andere Jndianer vom unteren Orinoko zugegen. Jeder Stamm lagerte für ſi< und unterſchied ſi< dur<h die Farbe, mit welcher die Haut bemalt war. Jn dem lärmenden Haufen bemerkten wir einige Weiße, namentlih Krämer aus Angoſtura, die den Fluß heraufgefommen waren, um von den Eingeborenen Schildkröteneier-Öl zu kaufen, trafen au< den Miſſionar von Uruana, der uns erzählte, daß er mit den JFndianern wegen der Eierernte herübergekommen ſei, um jeden Morgen unter freiem Himmel die Meſſe zu leſen und ſi< das Öl für die Altarlampe zu beſchaffen, beſonders aber, um dieſen „Freiſtaat der Fndianer und Kaſtilianer“ in welchem jeder für fih allein haben wolle, was Gott allen beſchert, in Ordnung zu halten. :

„Ïn Begleitung dieſes Miſſionars und eines Krämers, der ſih rühmte, ſeit 10 Jahren zur Eierernte zu kommen, umgingen wir die Fnſel, die man beſuht wie bei uns zu Lande die Meſſen. Wir befanden uns auf einem ebenen Sandſtriche. „So weit das Auge an den Ufern hinreiht“, ſagte man uns, ¡liegen Schildkröteneier unter der Erdſchicht.“ Der Miſſionar trug eine lange Stange in der Hand und zeigte uns, wie man mit ihr unterſucht, um zu ſehen, wie weit die Eierſchicht reihte, wie der Bergmann die Grenzen eines Lagers von Mergel, Raſeneiſenſtein oder Braunkohle ermittelt. Stößt man die Stange ſenkre<t in den Boden, ſo ſpürt man, wenn der Widerſtand auf einmal aufhört, daran, daß man die Höhlung oder das loſe Erdreih, in welchem die Eier liegen, erreicht hat. Wie wir ſahen, iſt die Schicht im ganzen ſo gleichförmig verbreitet, daß die Stange in einem Halbmeſſer von 20 m rings um einen gegebenen Punkt ſicher darauf ſtößt. Auch ſpricht man hier nur von Geviertſtangen Eiern, als ob man ein Bodenſtü>, unter welhem Erze liegen, in Loſe teile und ganz gleichmäßig abbaue. Jndeſſen bede>t die Eierſchicht bei weitem nict die ganze Jnſel, hört vielmehr überall auf, wo der Boden raſh anſteigt, weil die Schildkröte zu dieſen kleinen Hochebenen niht emporkriechen kann. J<h erzählte meinen Führern von den übertriebenen Beſchreibungen Pater Gumillas, nach denen die Ufer des Orinoko nicht ſo viel Sandkörner enthalten wie der Strom Schildkröten, ja daß ſie die Schiffe in ihrem Laufe aufhalten würden, wenn Menſchen und Tiger nicht alljährlich ſo viele töteten. Das ſind Pfaffenmärchen“, ſagte der Krämer aus Angoſtura leiſe. Die Fndianer verſicherten Uns, von der Mündung des Orinokos bis zum Einfluſſe des Apures hinauf finde man keine Jnſel und kein einziges Geſtade, wo man Schildkröteneier in Maſſe ſammeln könne. Die Uferſtre>en, auf welchen faſt ſämtliche Schildkröten