Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

614 Dritte Ordnung: Schildkröten; achte Familie: Flußſ<hildkröten.

aus 9 Knochentafeln zuſammengeſeßt, während der der Pelomeduſen 11 Knochenteile enthält. Ein knöcherner Schläfenbogen fehlt dem Schädel aller zu den Flußſchildkröten gehörigen Gattungen, und ſtets ſind der 5. und 8. Halswirbel an beiden Enden gewölbt.

Alle Flußſchildkröten, von denen man 27 Arten kennt, die ſi<h auf 8 Gattungen verteilen, wohnen in Südamerika, Auſtralien und Neuguinea.

Daß auch die Flußſchildkröten ähnlich wie die Weichſchildkröten eine Art von Kiemenatmung beſäßen, hat ſi< niht beſtätigt. W. A. Haswell fand zwar bei der auſtraliſ<hen Gattung Chelodina die Gewohnheit, daß ſie, am Grunde des Waſſers liegend, in regelmäßigen Zwiſchenräumen Waſſer einzog und wieder ausſtieß, er konnte aber den vollen Nachweis liefern, daß diefe Bewegungserſcheinungen mit einer Waſſer- oder Kiemenatmung ni<hts zu thun hatten. Über die bemerkens3werte Art des Eierlegens bei dieſer Schildkröte hat H. JF. McCooey berichtet. Das Weibchen ſ{<leppt nämlih Waſſer herbei, um den harten Boden, den es ſi< zur Anlage ſeines Neſtes wählt, zu erweichen, und um in der ſo gelo>erten Erde beſſer graben zu können. Das Tier kommt zum Ablegen der Eier oft auf Entfernungen von 300 m aus dem Fluſſe und bringt dabei einen Waſſervorat mit, den es in Zwiſchenräumen in die zu grabenden Löcher ſpeit. Um etwa 18 ecm tief zu kommen, braucht die Schildkröte eine Waſſermenge von wenigſtens einem halben Liter. Reicht der einmalige Waſſervorrat nicht aus, ſo bringt ſie am nächſten Morgen eine zweite Ladung von Waſſer und ſeßt die Grabarbeit fort. Die Eier werden in Schichten von 6 Stü bis zur Summe von 15—86 gelegt, womit die Neſthöhle gefüllt iſt.

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Eine der auffallendſten Geſtalten der Ordnung vertritt die Gattung der Franſenſchildkröten (Chelys). Sie kennzeichnet ſih, wie folgt: Der ſehr fla<h gewölbte, mit Naenplatte und' doppelten Shwanzplatten ausgeſtattete Nü>enpanzer zeigt drei Längsreihen dur<h breite und tiefe Furchen getrennter Kielhöker; der aus einem Stüce beſtehende lange und ſhmale, an den Seiten gekielte Bauchpanzer. entbehrt der Achſel- und Weichenplatten. Der Kopf iſt ſehr flah gedrü>t und dreiſeitig, die Augen ungemein klein, das Maul bis in die Ohrgegend geſpalten, der mehr oder weniger einwärts gerollte Kiefer mit ſ<wachem Hornſchnabel und dieſer mit einer weihen, wulſtigen Haut bede>t, die Naſe in einen langen Rüſſel ausgezogen, der Hals lang, länger als die Rü>enwirbelſäule und ſehr breit und fla<h gedrüd>t, der Schwanz kurz und niht mit einem Endnagel verſehen, die Shwimmhaut zwiſchen den vorn fünf-, hinten vierkralligen Füßen ſtark entwi>elt. Kleine Platten und verſchiedene häutige Anhängſel bekleiden den Kopf, Längsreihen kleiner Shuppen den Hals, eine Menge in die Breite gezogener, großer Schuppen die Beine, Knötchen endlih den Shwanz. Die erwähnten Anhängſel beſtehen aus einem dünnen, ziemlich großen, aufgerihteten, gewiſſermaßen ein äußeres Ohr darſtellenden dreie>igen Hautlappen über jedem Gehörgange, zwei Kinnbärteln und einem langen, am Ende zerſpaltenen Kehlbärtel, und zu ihnen zählen auh 4—5 zu beiden Seiten des Halſes in je eine Reihe geordnete Hautwucherungen, die dieſelbe Geſtalt haben wie die Kehlbärtel.

Die Matamata (Chelys fimbriata und matamata, Testudo fimbriata und matamata, Matamata fimbriata), die einzige Vertreterin der Gattung, erreicht eine Panzerlänge von 838 cm. Die Färbung der Oberſeite iſt ein faſt gleichmäßiges Kaſtanienbraun, die der Unterſeite ein ſ{<mußiges Grünlichgelb; ſ{hwarze und gelbe Fle>en und Bänder zeichnen bei jungen Stücken die Platten, ſehs ſhwarze Längsſtreifen die Unterſeite des Halſes.

Das Verbreitungsgebiet der Matamata beſchränkt ſih auf Guayana und Nordbraſilien: von Spix fand ſie hier in ſtehenden Gewäſſern des Amazonenſtromes, Caſtelnau