Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

622 Dritte Ordnung: Schildkröten; neunte Familie: Weichſchildkröten.

Unter den zu dieſer Gattung gehörigen Arten kennen wir die Beißſchildkröte (Trion1yx ferox, Testudo und Platypeltis ferox, Testudo verrucosa, Trionyx spiniferus. georgicus, brongniarti und carinatus, Gymnopus spiniferus), die größte der nordamerikaniſchen Arten, no< immer am genaueſten. Sie kann ein Gewicht von 35 kg und eine Panzexrlänge von 42 em erreichen. Jhr Schild iſt oberſeits auf dunkel ſchiefergrauem Grunde mit zahlreichen und großen Augenfle>en und, zumal am Rande, mit dunkeln Tüpfeln gezeichnet, unterſeits dagegen {mutig weiß, der ſchieferfarbene Kopf oben ſeitlich dunkel gefle>t, in der Augengegend dur einen bis zum Halſe reichenden und hier ſi< verlierenden hellen, dunkel gerandeten Schläfenſtreifen geziert, am Kinne, ebenſo wie die Füße und der Schwanz, ſhwarz und weiß gemarmelt, die Jris endlih gelb.

Die biſſige Schildkröte lebt, laut Holbrook, im Savannah- und Alabamafluſſe und in allen Strömen und Flüſſen, die ſi< in den Meerbuſen von Mexiko ergießen, alfo im Südoſten der Vereinigten Staaten von Georgia bis Weſt- Louiſiana. Verwandte Arten bewohnen. auh die großen nördlichen Seen ſowie endlih den Hudſon, fehlen aber in allen Flüſſen, die zwiſchen dem leßtgenannten Strome und dem Savannah in das Atlantiſche Meer münden, und gelangten neuerdings au< in die Gewäſſer des Staates New York, aber nahweisli< erſt dur< den New York- Kanal, vor deſſen Vollendung ſie dort unbefannt waren. Fn den meiſten Gewäſſern ihres Wohngebietes tritt die Beißſchildkröte häufig auf. Man ſieht ſie bei ſtillem Wetter in namhafter Anzahl auf der Oberfläche treiben, in Flüſſen oft zahlreih an Felſen im Waſſer erſcheinen, um ſi< hier in ſeihterem Gewäſſer zu ſonnen. Gewöhnlich liegt ſie unter Wurzeln und Waſſerpflanzen verborgen, um auf Beute zu lauern. Sie jagt auf Fiſche, Lurhe und Waſſervögel ſ{<hwimmt langſam an das erſehene Opfer heran und f<nellt ihren verhältnismäßig langen Hals blißſ<hnell und mit großer Sicherheit vor. Den Bauern wird ſie dur< ihre Jagd auf junge Enten und Gänſe läſtig, Fiſchen und kleineren im Waſſer lebenden Kriechtieren und Lurchen gefährlih. Sie ſoll unter den jungen Alligatoren wahrhafte Verheerungen anrichten, dafür aber wieder von den alten gefreſſen werden.

Im Mai ſuchen die Weibchen ſandige Pläße längs der Ufer an den Gewäſſern auf, die ſie bewohnen, und erſteigen, ungeachtet ihrer ſonſtigen Scheu vor dem Lande, in dieſer Zeit Hügel von mehr als Meterhöhe. Die Eier ſind kugelig und verhältnismäßig zerbre<li<, jedenfalls mehr als die der anderen Schildkröten, die mit ihnen dieſelben Gewäſſer bewohnen. Über das Leben der Jungen, die im Funi aus\ſchlüpfen, ſcheinen feine Beobachtungen veröffentliht worden zu ſein.

Unter allen nordamerikaniſhen Schildkröten hat dieſe Art das ſ<hma>hafteſte Fleiſh und wird deshalb auch eifrig verfolgt. Man erlegt ſie mit der Büchſe, umſtellt ihre Shlaf pläße mit Netzen oder fängt ſie an Angeln. Erwachſene müſſen mit Vorſicht behandelt werden, weil ſie ſi< zur Wehr ſehen und empfindliche Bißwunden beibringen können. Namentlich die, die geangelt worden ſind, gebärden ſi<h wie unſinnig, f<hnappen, ſobald ſich ihnen jemand naht, wiederholt in die Luft und ſuchen überhaupt ihre Wut in jeder Weiſe auszudrüken. Bell erzählt, daß einſt eins dieſer Tiere ſeinem ungeſchi>ten Fänger den Finger abbiß.