Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

630 Ein Bli>k auf das Leben der Geſamtheit.

Mit vollſtem Rechte ſtellte man, ſolange Kriechtiere und Lurche als Angehörige derſelben Klaſſe angeſehen wurden, lettere jenen als „na>te Kriechtiere“ gegenüber. Fn der That finden ſi< nux bei ſehr wenigen Lurchen Spuren oder Andeutungen von Horngebilden, wie ſolche allgemein den Leib der Kriechtiere und ebenſo der Vögel und Säugetiere bekleiden oder als Klauen und Nägel die Füße bewaffnen. Schuppen- oder \{hildartige Bildungen ſind nur ausnahmsweiſe na<hweisbar. Die niemals maſſig entwi>elte Lederhaut enthält bei einzelnen zwiſchen zwei Schichten gelegene, vielſeitig begrenzte und mit einer ſulzigen Maſſe erfüllte Maſchen oder Waben, bei anderen tiefe blinde Höhlen, in welchen ſi die Jungen entwi>eln, bei wieder anderen wulſtig verdi>te Ringelungen, in welchen innerhalb kleiner Täſchchen fiſhſ<huppenähnliche Hartgebilde liegen können. Verknöcherungen der Haut mit dem Schädel oder mit den ſchildförmig verbreiterten Wirbeln und ihren Anhängen kommen nur bei wenigen Kröten, Laubfröſchen oder Froſharten vor. Bei den meiſter Fröſchen und allen Molchen iſt die Haut ſhlüpfrig, weih, meiſt ſa>artig weit, aus elaſtiſhen Sehnenfaſern gewebt und ziemli<h dünn, ſo daß bei denen, bei welchen ſie feſt an dem Körper liegt, die Muskeln dur<hſhimmern. Eine farbloſe, aus Pflaſterzellen gebildete Oberhaut de>t die Lederhaut, in welcher oft verſchiedene Farbſtoffe von gelber, roter, brauner oder hwarzer Farbe abgelagert ſind. Andere Färbungen, wie namentli<h grüne und blaue Farben, werden niht dur< wirklihe Farbſtoffe hervorgebracht, ſondern ſie beruhen auf der Fähigkeit der meiſt veräſtelten Farbzellen, angeregt dur Wärme- oder Feuchtigkeitseinflüſſe, ſich zuſammenziehen und ausdehnen, höher gegen die Hautoberfläche ſteigen oder ſih in die Tiefe zurü>ziehen zu können, und au< auf eigentümlichen Lichtwirkungen, die von den Phyſikern Jnterferenzerſheinungen genannt werden. Seeliſche Thätigkeiten, insbeſondere geſhle<htlihe Erregung, nicht aber z. B. Schre>en, üben einen großen Einfluß auf die Veränderung der Hautfarbe bei den Lurhen aus. Auffällig iſt auch die große Übereinſtimmung vieler Lurche in der Färbung mit ihrer nächſten Umgebung; unſer Laubfroſch gibt dafür ein treffendes Beiſpiel. Andere Fröſche folgen in Fârbung und Zeichnung man<hmal einem Geſetze, das in einer beſtimmten Gegend Tieren ganz verſchiedener Familien, Ordnungen oder Klaſſen die gleiche Farbe anweiſt. So zeigt eine langgeſtre>te, zu den Engmäulern gehörige Kröte (Phrynisecus varius) aus Coſtarica auf ſchwarzem Grunde die nämlihen abwechſelnd roten und gelben Fle>enringe, wie wir ſie an den dort vorkommenden Schlangen giftiger wie nicht giftiger Familien zu ſehen gewohnt ſind. Mit Recht fand G. A. Boulenger auffallend, daß viele der nordſumatraniſhen Lurche, obgleich ganz verſchiedenen Gattungen und Familien zugehörig, mit leuchtendem Karminrot gefle>t waren. Da dieſelbe Erſcheinung aber auh bei den Froſhlurchen von Malaka beobachtet werden konnte, läßt ſie ſi< wohl kaum als eine Anpaſſungserſcheinung an die Umgebung auffaſſen, ſondern muß eher als eine geographiſche Übereinſtimmung bezeihnet werden. Bei allen Lurchen finden ſih in der Haut beſondere Drüſenbälge, die einen ſcharfen, mehr oder minder nah Knoblauch riehenden Milchſaft abſondern. Gewöhnlich ſind dieſe Drüſen, wie z. B. bei den Kröten und den Salamandern, über den ganzen Körper zerſtreut, oft aber noh beſonders dihte Anhäufungen davon, die man Ohrdrüſen genannt hat, zu beiden Seiten des di>en Halſes angebracht. Außerdem bemerkt man bei einzelnen Arten wabenartige Räume, in welchen die Eier ihre Entwikelung durhzumachen haben: ſie aber ſind au< nihts anderes als umgewandelte Drüſen und bilden ſih bloß während der Fortpflanzungszeit aus.

Die nate Haut und ihre Drüſen ſind von außerordentliher Bedeutung für das Leben der Lurche. Sie gehen zu Grunde, wenn die Thätigkeit jener geſtört wird. Kein einziger von ihnen trinkt in üblicher Weiſe, ſondern nimmt alles Waſſer, deſſen er zum Leben bedarf, einzig und allein dur< die Haut in ſih auf. Leßtere ſaugt Feuchtigkeit ein und