Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Giftigkeit der Hautabſonderung. Gerippe. 633

bewegen, wieder nahe zu kommen. Der zahmſte Hund beißt nach der Hand ſeines Herrn, die verſuchen wollte, ihm eine Kröte in den Rachen zu ſchieben. Noch überraſchender iſt es und zugleih in hohem Grade beluſtigend, einige Feuerkröten, namentlih die rotbauchige Art, in ein Leinwandſäkchen zu ſammeln, die Tiere etwas zu ſchütteln und dann Leute, welche die Giftigkeit der Krötenabſonderung leugnen, an dem geöffneten Sä>kchen riechen zu laſſen. Jeder, der gerochen hat, wird zwar ſofort behaupten, nichts zu riehen, und er hat darin auh re<t, aber es vergeht gewöhnli<h no< keine Minute, bis er unfehlbar in ein geſundes, herzliches Nießen ausbriht, wie es der ſchönſte Shneeberger Schnupftabak nicht hätte zu ſtande bringen können, eine prächtige und zwingende Beobachtung, die wir G. A. Boulenger verdanken. Wer öfters mit Laubfröſhen umgeht, wird ſih auch erinnern, in den Augenwinkeln ab und zu einmal einen brennenden Shmerz empfunden zu haben; auch dieſer entſteht nur dur< zufällige Übertragung der beißenden Feuchtigkeit mit den Fingern ans Auge. Die Wiſſenſchaft muß alſo wieder einmal dem Glauben des Volkes re<t geben, das auh in dieſem Falle die Wahrheit früher erkannt hat als die Gelehrten: aber wie in ſo vielen Fällen, hat es auch hier übertrieben und die Gefahr ins Ungeheure vergrößert. Das Gift und die giftige Wirkung iſt da; aber es hat dem Menſchen wohl no< niemals ernſte Gefahr gebra<ht, da er für gewöhnlih wohl kaum Fröſche und Kröten in den Mund nimmt, und, ſollte es ein Menſchenkind doh verſuchen, es ſeinen Vorwiß alsbald bereut, da der Saft ſo bitterböſe brennt, daß es das Tier ſofort ausſpu>t und an dem einen Verſuche ſein ganzes Leben lang genug hat. Solche kurzen Berührungen aber haben, wie wir beſtimmt wiſſen, für den Menſchen niemals irgend welche ſchädlichen Folgen gehabt.

Sehr eigentümlich iſt das Gerippe der Lurche, hinſihtlih deſſen Ausbildung, wenn auh niht in ſo ausgedehntem Maße, ähnliche Verhältniſſe bemerkbar werden wie bei den Fiſchen. „Bei den Kiemenmolchen“, ſagt Vogt, finden ſi<h Wirbel, die in ihrer Geſtalt ſih von Fiſhwirbeln kaum unterſcheiden laſſen; bei den eigentlihen Molchen dagegen kommen bereits vollſtändig ausgebildete Wirbel vor, die vorn einen runden Gelenkkopf, hinten eine Pfanne tragen und dadur<h miteinander gelenken. Bei allen dieſen Lurchen mit langgeſtre>tem Körper iſt auch die Anzahl der Wirbel ſehr bedeutend, während bei den froſchartigen Tieren nur wenige Rücenwirbel, 7—8 nämli<h, vorkommen, dagegen ein breites Kreuzbein vorhanden iſt, das aus der Verſhmelzung mehrerer Wirbel entſtanden zu ſein ſcheint und mit einem langen, ſäbelförmigen Knochen, dem Steißbeine, in Verbindung ſteht, das die Wirbelſäule bis zum After fortſeßt. Die Querfortſäße der Wirbel ſind bei allen Lurchen wohl ausgebildet, zuweilen ungemein lang, und erſeßen in gewiſſem Grade die fehlenden Rippen, die nur gelegentlih dur<h kleine Knochen- oder Knorpelanhänge angedeutet \ind.

„Auch hinſichtlih der Bildung des Kopfgerüſtes zeigen ſih verſchiedene Stufen der Entwi>elung in der Reihe der Lurche, die ſi<h namentlih auf das allmähliche Verſchwinden der urſprünglichen Knorpelgebilde beziehen. Als bezeichnendes Merkmal für die ganze Klaſſe im Gegenſagte zu den Kriechtieren ſtellt ſih hier die Bildung zweier ſeitlicher Gelenkköpfe an dem Hinterhaupte dar, die von dem ſtets verknöcherten Hinterhauptsbeine hergeſtellt werden und în zwei Vertiefungen des erſten, ringförmigen Halswirbels paſſen. Der Schädel ſelbſt iſt ſtets ſehr breit, platt, die Augenhöhlen ſind gewöhnlich ungeheuer groß und durchgehend, ſo daß, von oben geſehen, die Kiefer einen Halbkreis bilden, der in der Mitte durch eine längliche Kapſel, den eigentlihen Schädel, durchſeßt wird. Was nun die einzelnen Knochen betrifft, ſo bildet das Keilbein auf der Unterfläche des Schädels eine bald kreuzförmige, bald breite Platte, die meiſt auf ihrer oberen, dem Schädel zugekehrten Fläche mit Knorpeln bede>t wird. Die Schädelde>e wird von zwei oft ſehr verkümmerten Scheitelbeinen,