Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Waſſerfro\<: Aufenthalt, Weſen. Bewegungen. Begabung. 667

den Winter. Schon in Südeuropa erſcheint er weit früher und verſchwindet ſpäter; in Nordafrika hält er da, wo die Gewäſſer niht austro>nen, feinen Winterſchlaf mehr, ſondern treibt es jahraus jahrein ſo ziemlih in derſelben Weiſe, nur mit dem Unterſchiede, daß er während der Paarungszeit lebhafter und anhaltender quakt als ſonſt. Der Waſſerfroſch iſt ein wohlbegabtes Geſchöpf, deſſen Bewegungen von Kraft und Gewandtheit zeugen, deſſen Betragen ein gewiſſes Maß von Verſtand kundgibt. Wie die meiſten Verwandten bewegt er ſi<h auf dem Lande nur ſpringend, iſt aber im ſtande, ſehr weite Säße auszuführen und ſie mit überraſchender Gewandtheit zu regeln. Fm Waſſer ſ<hwimmt er unter alleiniger Thätigkeit ſeiner Ruderfüße ſ{<hnell dahin, namentlih, wenn er ſi in einiger Tiefe bewegt; denn auf der Oberfläche ſelbſt rudert er nur gemächlich weiter. Aber er iſt auh fähig, dur< kräftigen Ruderſtoß ſi<h aus dem Waſſer heraus in eine ziemlihe Höhe emporzuſhnellen, ſei es, um ein vorüberſummendes Kerbtier zu erbeuten, ſei es, um eine höher gelegene Ruheſtätte zu gewinnen. Seine Sinne ſtehen auf einer hohen Stufe der Ausbildung. Das Geſicht beherrſcht, wie ſhon das wohlgebildete und ſhöne Auge vermuten läßt, einen ziemlihen Umkreis und nimmt in der Nähe au leine Gegenſtände ſiher wahr; das Gehör bekundet ſih ſo klar bei den abendlichen Konzerten, daß man über ſeine Entwi>kelung niht im Zweifel bleiben kann; der Geruch iſt gewiß niht verkümmert, und nux über Gefühl und Geſhma> können unſere Anſichten verſchieden ſein, weil ſi< hierüber ſhwer entſcheiden läßt. Von ſeinem Verſtande überzeugt man ſi< bald, wenn man ihn längere Zeit beobachtet. Auch er rihtet ſein Betragen nah den Umſtänden ein. Da, wo ihn niemand ſtört, wird er zuleßt ſo zutraulich, daß er einen ſi< nahenden Menſchen bis auf Fußweite an ſi< herankommen läßt, bevor er mit gewaltigem Sate die Flucht ergreift; da, wo er verfolgt wird hingegen, entflieht er ſhon von weitem, und ſelb wenn er mitten auf einem kleineren Gewäſſer liegt, taucht er unter, falls der ihm wohlbekannte Feind ſih am Ufer zeigt. Ältere Fröſche ſind immer vorſichtiger als jüngere, werden auh, wie erfahrene Säugetiere und Vögel, zu Warnern ſür die jüngeren, die wenigſtens ſo flug ſind, einzuſehen, daß es für ſie das beſte iſt, es den Weiſen ihres Geſchlehtes na<hzumahen. Auch vor Tieren, die ihnen gefährlih werden önnen, nehmen ſie ſi< wohl in aht; an Teichen, die der Storch regelmäßig heimſucht, flüchten ſie ſi< bei Ankunft des Vogels ebenſo eilig wie beim Erſcheinen eines Menſchen. Ihre Beute erwerben ſie ſih niht ſelten mit einer gewiſſen Liſt: ſie lauern wie ein Raubtier auf ſie, ſhwimmen facht unter dem Waſſer heran und fahren plöglih zu, wiſſen ſi< au< re<t wohl zu helfen, wenn es ihnen ſ{<wer wird, ein von ihnen gefangenes Tier zu bewältigen. So beobachteten Naumann und Gräfe, wie ein großer Waſſerfroſch, der ein Éleines Grasfröſhchen verſchlingen wollte, wirkliche Überlegung bewies. Er hatte ſeinen fleinen Verwandten rü>lings erfaßt, und das Sträuben desſelben war ſo bedeutend, daß aus dem halboffenen Nachen des Räubers troß alles Würgens immer wieder der Kopf der Beute hervorſhaute. Unſer Waſſerfroſh ſann auf Rat und fand auch ſolchen, indem er einige fräftige Säße gerade gegen einen Baum ausführte, das Opfer an denſelben ſtoßend, betäubend und gleichzeitig in den Schlund hinabſchiebend. Jn der Geſangenſchaft zeigt ſi< der Waſſerfroſh anfangs ſehr ungebärdig, knurrt, murrt und ſpringt wie ſinnlos herum, lecnt aber, namentli<h wenn er außerhalb des Waſſers gehalten wird, allgemach ſeinen Wärter kennen und den Mehlwurmtopf würdigen, bekundet nah und nach eine gewiſſe Anhängli<hkeit an den Gebieter, nimmt von dieſem angebotene Nahrung weg, läßt ſi ergreifen und auf der Hand umhertragen, ohne zu fliehen, und gewöhnt \ih endlih auch daran, anſtatt lebender Beute ihm vorgeworfene Broken eines Erſaßfutters anzunehmen. Gredler, der gefangene Waſſerfröſhe mit Oblaten und Fleiſhkrümchen fütterte, meint, daß erſt Neid die Aufmerkſamkeit ſeiner Pfleglinge auf die Genießbarkeit