Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Waſſerfro\<: Nahrung. Winterruhe. Fortpflanzung. Schadenſtifter. 669

gewahrt man Augen und Mund ſchon deutli<h und an jeder Seite des Kopfes faltige Anhänge oder Röhrchen, aus denen ſih die Kiemen bilden. Von nun an ſchreitet das Wachstum der Larve ſehr raſh fort. Der Kopf wird dier, der Körper rundlicher, der Schwanz länger, die Haut durchſichtig; am dreizehnten und vierzehnten Tage hat die Lunge ſi bereits gebildet; die äußeren Kiemen ſ{rumpfen ein, und man bemerkt ſtatt ihrer auf der Bauchſeite der Larve das unpaarige Kiemenloch für die inneren Kiemen. Nach Fr. Leydig erwieſen ſi< die no< fußloſen Larven bereits als Fleiſchfreſſer, indem ſie mit Eifer abgeſtorbene Larven von Waſſermolchen verzehrten. Der Darminhalt ſolcher, die zweibeinig geworden waren, beſtand bei mikroſkopiſcher Unterſuchung aus dem Schlamme des Bodens, dem zahlreiche Schalenkrebschen, Algen und andere Pflanzenreſte beigemiſcht waren. Nach Ablauf eines Monats verlangſamt ſih der Fortgang der Entwickelung. Wenn die Larve eine Länge von 6—7 em erreicht hat, ſind die vier Beine vollkommen ausgebildet, der Shwanz iſt aber immer no< länger als der Leib, ſeitlih zuſammengedrü>t und ſehr hoh; von nun an ſhrumpft er langſam ein und {windet endlih gänzlih, ohne daß man eine erſihtlihe Zunahme des Leibes bemerkt: es ſicht im Gegenteile aus, als ob der verwandelte Froſch kleiner ſei als die frühere Larve. Erſt nah etwa 4 Monaten iſt die Verwandlung vollendet; im fünften Fahre des Lebens hat der Froſch ſeine gewöhnliche Größe erreiht, nimmt aber au< ſpäter noh ſtetig etwas an Größe zu.

Die bereits erwähnten Geſchlehts8verirrungen des Waſſerfroſches können unſerer Teichfiſcherei unter Umſtänden erheblichere Nachteile zufügen, als Raubluſt und Gefräßigkeit des Lures es jemals vermöchten. Es liegen niht zu bezweifelnde Erfahrungen vor, daß Fröſche in Karpfenteichen ſehr bedeutenden Schaden verurſaht haben. Rittergutsbeſißer Nordmann, der eine bedeutende Teichfiſcherei in der Nähe Altenburgs bewirtſchaſtete, erfuhr dies, wie Schlegel mitteilt, in den beiden Frühjahren 1853 und 1854, als infolge anhaltend ſ{<le<ter Witterung es erſt gegen Ende April und Anfang Mai mögli<h wurde, die Winterhaltungen zu fiſhen. Jn einem Teiche waren ungefähr 200 Scho> halbpfündiger Karpfen überwintert worden. Einige Tage vor der Fiſcherei erzählte ein Bauer dem Beſizer, er habe einmal auf einem kleinen Teiche einen großen Karpfen ſ{hwimmen ſehen, der einen ihm auf dem Rücken ſißenden Froſch troß aller Anſtrengungen niht habe los werden können. Nordmanns Zweifel an der Wahrheit dieſer Erzählung wurden zu ſeinem nicht geringen Erſtaunen während der Fiſcherei vollſtändig widerlegt. Denn bei dieſer Gelegenheit ſah man, daß faſt auf jedem Karpfen ein Froſch, auch deren zwei, ſaßen, die ſi<h mit ihren Vorderfüßen gewöhnlich in den Augen, häufig aber ebenſo in den Kiemen feſtgeklammert hatten, während ſie unter widerwärtigen Bewegungen mit den Hinterbeinen die Schuppen von dem Nücken der Fiſche löſten. Einzelne ritten auh verkehrt auf den Fiſchen. Alle hielten ſich ſo feſt, daß ſie mit einer Hand faum loßzureißen waren. Der größte Teil des ſchönen Karpfenſaßes war mehr oder weniger beſhunden und dadur< ſo unſcheinbar geworden, daß er ſi< nur zu geringem Preiſe verkaufen ließ. Gegen 15 Scho> Fiſche, denen die Fröſche die Augen ausgefraßt, die Kiemen beſchädigt oder eine Menge Schuppen abgeriſſen oder losgetreten hatten, konnten als Saß niht mehr verwendet werden, da man fürchten mußte, daß ſie ſterben oder doh wenigſtens fränfeln und niht wachſen würden. Jm zweiten Frühlinge war es nicht ſo ſ<limm wie im erſten, der Schade aber doch immer noh empfindlih genug. Daß derartige Beobachtungen ſelten angeſtellt werden, erklärt ſich einfah dur< den ſpäten Eintritt der Paarungszeit der Fröſche, die erſt ſtattfindet, wenn die ſtark bevölkerten Saßteiche bereits gefiſht und die Saßfiſche in andere Teiche übergeführt worden ſind. Auch in ihnen werden ſie wohl von den liebestollen Fröſchen manches zu leiden haben; deren Unthaten allen hier jedo<h niht ſo in die Augen wie in kleineren Teichen.