Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Waſſerfro\<. Seefroſh. Grasfroſch. 671

zu ſchäßen weiß, geht am beſten daraus hervor, daß das Zeitwort ,„grenouiller“ feineswegs bloß „kneipen“ oder „ſaufen“, ſondern auh Fröſche fangen und zwar für die Küche fangen bedeutet. Namentlich im Herbſte, wenn die Tiere am fetteſten ſind, werden viele von ihnen, und zwar in fehr verſchiedener Weiſe, mit Gerten oder Peitſchen, Angeln, Pfeilen und Negzen erbeutet. Au<h dur< Unterſchießen mit der Kugelbüchſe kann man ſie aus dem Waſſer herauswerfen. Mit der Angel kann man ſie ſehr leiht fangen, da man ihnen als Köder nur ein rotes Läppchen vorzuwerfen und dieſes zu bewegen braucht; ſie mit dem durch eine dünne Schnur an dem Bogen befeſtigten Pfeile zu erlegen, erfordert ſhon größere Übung, und die Neßfiſcherei iſt bloß im Anfange ergiebig, weil ſie Nachſtellungen bald merken und ſi< dann im Schlamme verkriehen. Fn Deutſchland pflegt man bloß die Hinterſchenkel zu genießen; in Ftalien dagegen verſpeiſt man den ganzen Froſh, nachdem man ihn vorher ausgeweidet hat. Wie ſchon erwähnt iſt es aber weniger der Waſſerfroſ<h, dem die Nachſtellungen des Menſchen gelten, als der Grasfroſch, deſſen Schenkel beſonders ſ{<mad<>haft ſind, und der auh leihter und in größerer Menge zu erbeuten iſt.

Der Grasfroſ<h (Rana temporaria, muta, fusca, cruenta, alpina, scotica. flayiventris, platyrrhinus und dybowskii) erreiht dieſelbe Größe wie ſein eben geſchilderter Verwandter, ungefähr 7—9 cm, unterſcheidet ſi<h von ihm aber, wie wir bereits auseinandergeſeßt haben, dur<h Körperbau, Färbung und Lebensweiſe, ſo daß ihn wohl niemand mit jenem verwechſeln kann. Die oberen Teile ſind auf braunem oder rotbraunem Grunde mit dunkelbraunen oder ſ{hwarzen Fle>en, die Schläfe mit einer dunkeln Längsmakel gezeichnet, die Beine dunkel quergeſtreiſt, Bruſt und Bauch beim Männchen wie bei dem etwas größeren Weibchen auf hellem Grunde rotbraun gefle>t oder marmoriert. Die Zahngruppen auf den Pflugſcharbeinen ſtehen niht wie beim Waſſerfroſche zwiſchen den inneren Naſenöffnungen, ſondern reihen na< hinten über eine Linie hinaus, die man ſih von der Untere>e der einen Naſenöffnung zur Untere>e der anderen gezogen denken kann; die Füße zeigen keine ſo vollſtändige Shwimmhaut wie beim Waſſerfroſhe. Die Schnauze iſt ſtumpf, der Mittelfußhöcer ſtumpf und weich.

Nord- und Mitteleuropa, von Nordſpanien und England über Nord- und Mittelfrankreich, die Schweiz, ganz Deutſchland, Norditalien und Öſterreih-Ungarn bis Finnland, das europäiſhe Nußland und Skandinavien bis zum Nordkap ſowie das nördliche und das gemäßigte Aſien bis zur Mongolei, Dſtſibirien, Amurland und die Jnſel Jeſo ſind die Heimat des Grasfroſches, der au< im Gebirge bis zu 2250 m Höhe emporſteigt, beiſpiel8weiſe no< auf der Grimſel, neben dem Spitale, und in den oberen Alpenſeen auf dem St. Gotthard gefunden wird, obgleich dieſe Seen oft noch bis zum Juli mit Eis bede>t ſind. Dasſelbe gilt, laut Mich. Leſſona und Graf Salvadori, für die Alpen Piemonts. Jm Süden und, nah L. von Méhely, auch in Ungarn lebt er überhaupt nur im Gebirge. Verhältnismäßige Unempfindlichkeit gegen Kälte. geſtattet ihm eine derartige Verbreitung. Jn der Ebene hält er ſi<, von den Wintermonaten natürlih abgeſehen, nur während der Paarungszeit in Gewäſſern auf; im Hochgebirge hingegen vertritt er gewiſſermaßen den Waſſerfroſh, indem er das Waſſer nah einem im erſten Fugendzuſtande unternommenen Ausfluge kaum wieder verläßt. Er iſt der erſte von allen Froſchlurchen, der aus dem Winterſchlafe erwaht und zum Vorſchein kommt / paart ſich, noh ehe die Gewäſſer frei vom Eiſe geworden ſind, und ſeine Eier ſind bereits ausgeſchlüpft, bevor ein anderer Verwandter die ſeinigen gelegt hat; auh ſeine Larven entwieln ſich ſchneller als die anderer Fröſche, und ſo wird es ihm möglich, ſich no< in Gegenden dauernd anzuſiedeln, wo der Sommer bloß wenige Wochen währt. Der Waſſerfroſ<h, der ſich viel ſpäter begattet und länger im Larvenzuſtande bleibt, würde dort oben nicht zur Entwickelung