Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Grasfroſch: Fortpflanzung. Entwickelung. Lebensweije. 673

gefährdet werden kann, da dieſes, wenn es größer iſt als das Weibchen, durch heftigen Dru> den Leib der Gattin zuweilen zerſprengt, hat auh erfahren, daß man einzelnen Männchen eher den Schenkel ausrenkt als ſie zum Loslaſſen des Weibchens zwingt. Bei Mangel an Weibchen umarmen die Männchen einander, tote Weibchen, Kröten, und wenn mehrere noh unbeweibte Männchen ein vereinigtes Paar antreffen, hängen ſie ſi<h niht ſelten an dieſem feſt, einen ungeordneten Klumpen bildend. Die Eier, die größer, jedo<h minder zahlreih als die des Waſſerfroſhes ſind, fallen na< dem Legen zu Boden; ihre Umhüllung ſaugt ſi< aber bald voll Waſſer, und ſie ſteigen ſpäter, wie wir ſchon ausgeführt haben, wieder zur Oberfläche empor, hier große, dichte, ſchleimige Klumpen bildend. Bei der geringen Wärme, die im März herrſcht, iſt die Entwickelung langſam: Erſt na< 14 Tagen kann man die Larve deutli<h wahrnehmen; 3, bei ungünſtiger Witterung 4 Wochen darauf kriecht ſie wirklih aus und ſhwimmt umher, kehrt aber von Zeit zu Zeit zu dem verlaſſenen Schleime zurü>, wahrſchheinli<h, um ſi< von ihm zu nähren. Die Larven ſind, na<h Fr. Leydig, anfangs ſ{<hwärzli<h und bleiben, na<hdem ſich die Bauchſeite ſhon aufgehellt hat, no< lange am Rücken dunkel. Von den Larven des Grasfroſches haben E. F. Bles und A. Milnes Marſhall eine wunderſame Thatſache berichtet. Während bei jungen, frei {<wimmenden Quappen eine regelmäßig dur<hbohrte Speiſeröhre vorhanden iſt, verengert ſie ſih bei ſolhen von etwa 7,5 mm Körperlänge bis zum vollſtändigen Schwinden der Durchgangsöffnung und bleibt ein fefter Strang, bis die Larven etwa 10,5 mm Größe erreicht haben. Auffallend iſ außerdem, daß dieſes Shwinden der Dur<hgangsöffnung eintritt, bevor die Mundöffnung gebildet iſt, und daß es für eine furze Zeit au< no< nach dieſem wichtigen Ereignis bleibt. Von nun an beſchleunigt ſi< die Entwickelung der Larven; denn ſchon im Verlaufe von 3 Monaten haben ſie ſi< in vollkommene Fröſche verwandelt. Lettere verlaſſen hierauf das Waſſer, und zwar oft gleichzeitig und unter günſtigen Umſtänden in ſolchen Scharen, daß die alte Sage vom Froſchregen eine ſehr natürlihe Erklärung findet. An hoch gelegenen Laichpläßen fann die Verwandlung der Quappen zu Fröſchen wohl nur in den ſeltenſten Fällen noh in demſelben Fahre erfolgen; meiſtens ſind die Tiere, wie Fatio und L. Camerano übereinſtimmend na<gewieſen haben, gezwungen, unter der di>en Eisde>e zu überwintern, um erſt im nächſten Sommer ihre Verwandlung zu beenden.

Fortan beginnt das Grasfröſhchen das Leben ſeiner Eltern. Abweichend von dem Waſſerfroſche treibt es ſih oft weit vom Waſſer entfernt auf Wieſen und in Gärten, in Feldern und Wäldern, Gebüſchen und an ähnlichen Orten umher, bei heißen Tagen unter Steinen, Baumwurzeln, in Erdlöchern und anderen Schlupfwinkeln ſih verkriehend und mit der Dämmerung zum Vorſchein kommend, um ſeiner Jagd obzuliegen. Leßtere gilt den verſchiedenſten Kerbtieren, na>ten Erdſhne>en und ähnlichem Kleingetier, bringt uns alſo nur Nuzen, wahrſcheinli<h weit größeren, als wir ahnen. Bei ihrem Umherhüpfen, das gewöhnli<h in kleinen Sprüngen geſchieht, durhmuſtern die Grasfröſhe ihre Umgebung, ſeven ſi, ſobald ſie ein Kerbtier gewahren, auf die Lauer und erwarten nun, mehr als ſie ſie aufſuchen, die erhoffte Beute. Kommt dieſe ihnen nahe genug, ſo ſtürzen ſie ſi< mit blibſchnellem Sate auf ſie los, ſhlagen die klebrige Zunge heraus und ſ<lu>en das Tier, falls der Fang gelang, ohne weiteres hinab, unterſcheiden aber ſehr wohl zwiſchen einer und der anderen Art, verſhlu>en beiſpielsweiſe Bienen, ſpeien aber Weſpen wieder aus.

In einer Hinſicht bleiben die Grasfröſche hinter ihrem grünen Vetter weit zurü>: ſie ſind ſhle<hte Muſikanten. Nur zu gewiſſen Zeiten, insbeſondere während der Paarung, laſſen ſie ein Murren oder Grunzen vernehmen, das an Vollklang hinter dem Waſſer-

froſchgeſange weit zurücſſteht und von dem Weibchen faſt ebenſogut wie vom e Brehm, Tierleben. 3. Auflage, VIL