Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

676 Erſte Ordnung: Froſchlurche; zweite Familie: Echte Fröſche.

Die Laichzeit fällt beim Grasfroſche, wie wir gehört haben, in die Mitte des März, beim Moorfroſche 14 Tage bis 3 Wochen ſpäter. „Überall, wo ſi< der Moorfroſch findet“, ſchreibt D. Boettger weiter, „iſt er, wenn man nur ſucht, jahraus jahrein vorhanden; ſo namentli<h auf den Hengſterwieſen bei Offenbah, wo man ihn in den Frühſommerausflügen niemals vergebens ſuchen wird. Das Nebeneinanderleben von Moorfroſch, Grasfroſch und Waſſerfroſh hatte in früherer Zeit ſelbſt ſehr gewiſſenhafte und vorſichtige Beobachter auf den Gedanken geführt, ob nicht der Moorfroſch, der ja in der Schnauzenbildung, in der Form des Mittelfußhö>ers und mitunter auh bei der geſtreiften Form in der Färbung etwa die Mitte zwiſhen Waſſerfroſh und Grasfroſh hält, eine Baſtardform dieſer beiden Arten ſein möge. Eine einfache Überlegung würde die Grundloſigfeit dieſer Anſicht ſofort bewieſen haben. Wäre der Moorfroſch eine ſolhe Zwiſchenform, ſo müßte man doh annehmen, daß die übereinſtimmenden Merkmale beider Eltern ſi<h unverändert vererben würden, trennende Kennzeichen aber ſi< auszugleichen ſuhen müßten, wie wir das ja bei Baſtardformen von Süßwaſſerfiſchen jederzeit ſo ſ{hön beobachten fönnen. Nun iſt aber die Shwimmhaut des Waſſerfroſches eine vollkommene, eine ſogenannte „ganze“ Shwimmhaut / die des Grasfroſches faſt vollkommen, eine Dreiviertel-Shwimmhaut zu nennen; ihr vermeintliher Abkömmling, der Mooxrfroſh, aber hat eine geradezu unvollkommene, nur zur Brunſtzeit etwas breitere Shwimmhaut, die faſt immer den Raum zwiſchen den einzelnen Zehen nur zu zwei Dritteln erfüllt! Ein Baſtard aber kann kein Merkinal beſißen, das regelmäßig weit <hwächer auftritt als bei jedem ſeiner beiden Erzeuger; es muß immer entweder glei<h ſein dem Merkmal des Vaters oder der Mutter oder în der Mitte liegen zwiſchen dieſen beiden Grenzen. Abgeſehen davon wird aber eine Vermiſchung beider Arten ſhon deshalb in der freien Natur zur Unmöglichkeit, weil die Paarungszeiten von Waſſer- und Grasfroſh um mindeſtens 2 volle Monate auseinander liegen und Pflüger überdies das ſ{hnelle Verſhwinden der Zeugungskraft bei beiden Arten aufs ſ{<lagendſie nachgewieſen hat.“

Nach Leydig, dem wir in den folgenden Bemerkungen folgen wollen, iſt das eben entwid>elte junge Fröſchchen nur 1/5 em lang. Die Stimme des Männchens zur Paarungszeit iſt ebenſo verſchieden von der des Grasfroſches zur gleihen Zeit, wie au< ſonſt beider Arten Stimme merklih abweiht. Der Moorfroſch iſt in Gefangenſchaft von ruhigem Weſen und folgt bei Ungewöhnlichem, das in der Nähe vorgeht, aufmerkſam, ohne ſo: gleich die ho>ende Stellung aufzugeben, mehr nah Art der Kröte, durch ſtarkes Seitwärtsbiegen des Kopfes nach der verdächtigen Stelle hin. Erſchre>t bläſt er, ähnli und ebenſo häufig wie die Kröte die Seiten auf. Zur Nachtzeit, und namentlih bei Sturm und Regen, iſt der Moorfroſch ſehr unruhig und ergeht ſih in fortwährenden Sprüngen. Im Bedürfnis, den Winterſchlaf früher anzutreten, ſcheint ſi<h der Moorſroſh mehr dem Waſſer- als dem Grasfroſche zu nähern.

Wie bei dem Grasfroſche iſt die Haut des Männchens, während es ſih zur Brunſtzeit im Waſſer herumtreibt, mit einem bläulihen Reife überzogen, die Kehle mitunter deutlich blau; und es ſcheint, als ob dieſer blaue Duft oder Reif beim Moorfroſhe noh lebhafter ſei und öfter zur Beobachtung komme als bei jenem.

Der Springfroſch (Rana agilis und gracilis), unſer ſeltenſter deutſher Froſch, iſt ein zartes, ſchlankes Tier, das ſi< durch ſeine ſpiße Shnauze und durch ſeine auffällig langen Beine auszeihnet. Seine Körperlänge beträgt 5, 5—7 em, ſeine Beinlänge 10,5 bis 12,5 ecm, Nehmen wir den Froſch in die Hand und legen wix ſein Hinterbein nah vorn an die Kopfſeite an, ſo überragt das Gelenk, das den Unterſchenkel vom Mittelfuße trennt, immer die Spiße der Schnauze. Das Trommelfell iſt bei ihm faſt ſo groß wie das Auge