Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

694 Erſte Ordnung: Froſchlurche; ſe<hſte Familie: Kröten.

Nach Henſels Mitteilungen geht der Shnurrbartpfeifer (Leptodactylus mystacinus), der übrigens in Braſilien und Paraguay der eigentliche „Pfeifer“ ſein und abends ſeinen Pfiff oftmals hintereinander ausſtoßen foll, während, wie {hon erwähnt, der ſogenannte Pfeiffroſ< eine tiefer dröhnende Stimme hat, niemals ins Waſſer, lait daher auh niht in den Pfügen ſelbſt, ſondern gräbt in ihrer Nähe, aber immer noch innerhalb der Grenzen, bis wohin das Waſſer nah heftigen Regengüſſen ſteigen kann, unter Steinen oder faulenden Baumſtämmen Höhlungen von der Größe eines gewöhnlichen Tafſenkopfes. Sie nun füllt er mit ſeiner Laichhmaſſe aus, welche die größte Ähnlichkeit mit recht feſtem Schaume aus geſchlagenem Eiweiß hat. Fn der Mitte dieſer Schaummaſſe befinden ſi< die fahlgelben Eier. Die jungen Larven beſißen zuerſt die Farbe der Eier, werden jedoch bald auf der Oberſeite dunkler und ſpäter grünlihbraun, nachher grau-, faſt ſilberweiß, ſo daß ſie in ihrem Ausſehen den Larven des Waſſerfroſches niht unähnlih ſind, nux daß bei ihnen die Shwanzfloſſe niht ganz ſo ſtark entwi>elt zu ſein pflegt. Steigt das Waſſer der Pfütze bis an das Neſt, ſo begeben ſie ſi in dieſe und unterſcheiden ſich ferner in der Lebensweiſe niht von den Larven anderer Froſhlurhe. Nux bemerkt man ſchon jeßt an ihnen reihlihe Schleimabſonderung und, wahrſcheinlih damit zuſammenhängend, größere Lebenszähigkeit. Tro>knen nämlih die flahen Pfüßen infolge Regenmangels vollſtändig aus, ſo ſterben die Larven der übrigen Lurche, nur nicht die unſeres Pfeiffroſhes. Denn ſie ziehen ſi< unter ſhüßende Gegenſtände, Baumſtämme, Blätter und dergleichen, zurü> und bleiben hier, die Rückkehr des Regens abwartend, klumpenweiſe zuſammengeballt, liegen. Hebt man den bergenden Gegenſtand in die Höhe, ſo wimmelt der ganze Haufe durcheinander, und man ſieht, daß er ſi< immer noch eines ziemlichen Grades von Feuchtigkeit zu erfreuen hatte. Je größer die Larven in den Neſtern werden, um ſo mehr ſ{<windet der Schleim, der ihnen zur Nahrung dient. Db ſie aber jemals, ohne ins Waſſer gelangt zu ſein, in ihren Neſtern oder ſpäter nah dem Eintro>nen der Pfüße in ihren Zufluchtsorten eine vollſtändige Verwandlung beſtehen können, hat Henſel nicht beobachtet; doh dürfte dies kaum anzunehmen ſein, da die jungen Tiere noch bis zu einer nicht unbeträchtlihen Größe mit Kiemen und dem Überbleibſel des Shwanzes verſehen waren.

Gundlach endlih fand auf Cuba am 4. November die ſtrohgelben Eier eines anderen Pfeifers (wahrſcheinlih von Leptodactylus albilabris) umſloſſen von einer ſ<hwammigen Maſſe in einer naſſen Vertiefung, alſo ganz ähnlich, wie Henſel dies vom Augenpfeifer beſchrieben hat, beobachtete auh die Entwickelung des Schwanzes und der Kiemen. Die Larven ſ{hwammen im Waſſer umher und fraßen begierig kleine Stückchen Fleiſh. An 25. November bemerkte Gundlach die erſten Spuren der Hinterbeine, am 3. Dezember die der Vorderbeine; am 7. Dezember hatten die Tierchen ſhon mehr Froſchgeſtalt und ſuchten am Glaſe in die Höhe zu klettern. Der Shwanz ſchrumpfte nun nah und nach ein, und ſie waren fortan ihren Eltern gleih. Ganz ähnlich iſt na<h G. A. Boulenger auch die Entwidelung der Sumpſfpfeifer (Paludicola). Bei der braſiliſhen Paludieola gracilis fonnte ebenfalls nahgewieſen werden, daß das Weibchen ſeine Eier auf dem Boden tro>ener Pfüßen außerhalb des Waſſers ablegt.

Keine Tierfamilie hat von alters her bis zum heutigen Tage mehr unter dem all gemeinen Abſcheu der Menſchen zu leiden gehabt, keine iſt unerbittlicher und mit größerem Unrechte verfolgt worden als die der Kröten.

„Dieſes Thier“, ſagt der alte Gesner von der gewöhnlichſten Art der Familie, „iſt ein überauß kaltes und feuchtes Thier, ganß vergiſſt, erſhrödlich, heßlich und ſchädli<h. — Wenn