Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Augenpfeifer. Schnurrbartpfeifer. — Kröten: Fabeleien. 695

man dieſes Thier ſ{hmeiſt, wird es ſo zornig, daß es den Menſchen, wenn es könnte, gern beſeichen, oder ſonſt mit ſeinem gifſtigen ſhädlichen Athem vergiſſten möchte. — Es iſt aber nit allein ihr weiſſer Gift, welchen ſie auf ſi< haben, ſ{hädlih, ſondern auh ihr ganßer Leib und wann jemand mit ihrer Seiche bexührt wird, ſo ſoll ſolcher Ort faulen, und nicht ohne groſſe Mühe wiederumb heilen. — Jnnerhalb dem Leib iſt die Krotte tödlih. Auch iſt ihr Anhauchen und Geſicht ſchädlich, wovon die Menſchen gar bleih und ungeſtalt werden ſollen. Sie vergifften auh das Kraut und Laub, wovon ſie gefreſſen haben, und worüber ſie etwann gax langſam gekrochen ſind. Jn Engelland iſts (wie bewuſt) gebräuchlich, daß man die Gemächer auf dem Boden mit grünen Semden, oder Binſen, zu beſtreuen pflegt, umb dadurch die Gemächer im Sommer etwas abzukühlen. Nun brachte einsmahls ein Münch etliche Gebündlein ſolcher Binſen in ſeine Zelle, oder Schlafffammer, und ſtreuete ſie ihm darinnen zurechte. Als er ſi< aber nah dem Mittags-Eſſen auf dieſelbige niederlegte, und auff dem Rüten ſ<lief, da kroch eine groſſe Krotte, die mit den Binſen ohngefähr hinein fommen war, hervor, und ſatte ſich dem ſchlaffenden Münche re<ht auf ſein Mauk, alfo daß ſie ſih mit allen vieren an die Ober- und Unter-Leffze anklemmte. Die andern Münche, als ſie dieſes grauſame Spectakel ſahen, wuſten niht, wie ſie der Sache thun ſollten: Denn ſollten ſie die Krotte abreiſſen, war nichts anders, als der gewiſſe Todt zu beförchten; die Kröte aber alſo ſigen zu laſſen, war ärger als der Todt ſelbſt. Endlich gaben etliche den Rath, man ſollte den Münch alſo auf dem Nücken liegend an ein Fenſter tragen, allwo eine groſſe Spinne ihr Gewebe hätte, welhes dann auch alſo geſhahe. So bald die Spinne ihren Feind erſahe, ließ ſie ſih geſhwinde an einem Faden herab, gab der Kröte einen Stich, und machte ſi<h darauff an dem Faden wieder hinauff in ihr Gewebe. Die Kröte lief zwar davon auff, fiel aber no< niht ab; derhalben ſaßte man die Spinne noh einmahl dran, und ſie gab ihr wiederumb einen Stich, wovon die Kröte no< mehr aufſſhwoll, aber doh noh lebendig blieb. Die Spinne that den dritten Stich, damit zog die Kröte die Füſſe zu ſih, und fiel todt herab. Eine fol<he Wohlthat und Danbarkeit erzeigte die Spinne ihrem Wirthe und Hauß-Herrn .…. Es geſchicht auh bißweilen, daß die Menſchen unverſehener Weiſſe mit dem Waſſer oder anderm Getränke etwan Eyer von Krotten oder Fröſchen in den Leib trin>en, welche Eyer darna<h in dem Menſchen zu Fröſchen oder Krotten außgebrütet werden, welches ganß grauſam iſt. Solche müſſen durch ſtar>e Arzeney, entweder oben durch das Übergeben, oder unten dur< den Stulgang von den Menſchen getrieben werden.“

Man begreift in der That nicht, wie es möglich geweſen iſt, daß vernünftige Menſchen 1jol<hen Unſinn erdacht haben können; man begreift no< viel weniger, daß es no< heutigestags Tauſende gibt, die nur zu geneigt ſind, derartige abgeſhmad>te, auf nichts fußende Lügen für wahr zu halten: denn das nächtliche Treiben der im Verhältnis zu den Fröſchen unſchön geſtalteten Kröten kann doh unmögli<h der Grund ſein, weshalb die harmloſen, unſchuldigen und höchſt nüßlichen Tiere beſtändig verdächtigt und verleumdet werden! Und doh läßt ſih das eine niht beſtreiten: in dem Abſcheu vor den Kröten, in der blinden Wut, ſie zu verfolgen und zu töten, kommen die ſogenannten Gebildeten und die Ungebildeten, die Europäer und die Amerikaner, die weißen und die ſhwarzen oder braunen Menſchen vollſtändig überein. Keiner von denen, die von der Kröte Übles reden, hat ſie und ihr Leben beobachtet, keiner eine gute Naturgeſchichte geleſen oder mindeſtens verſtanden; denn im entgegengeſeßzten Falle hätte er eben belehrt ſein müſſen. Gerade die Kröten ſind ein überzeugendes Beiſpiel, was es mit unſerer gerühmten Bildung, insbeſondere mit der Kenntnis der Natur und ihrer Erzeugniſſe, auf ſih hat.

Die Kröten (Bufonidae) unterſcheiden ſih von den bisher beſchriebenen Schiebbruſtfröſchen dur den gänzlichen Mangel an Zähnen und die dreie>ig verbreiterten Außenenden