Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

696 Erſte Ordnung: Froſchlurche; ſe<ſte Familie: Kröten.

der Kreuzbeinquerfortſäße und haben in ihrer gedrungenen, plumpen Geſtalt den faſt gleihlangen, dien, unförmlihen Beinen und der ſehr drüſenreihen, warzigen Haut anderweitig bezeihnende Merkmale. Nur zwei von den aht Gattungen zeigen ſenkrecht geſpaltenen Augenſtern. Die knöchernen Endglieder der Finger und Zehen ſind einfach und ſtumpf oder dreie>ig geſtaltet.

Die meiſten Kröten leben auf dem Lande, und viele verſtehen vortrefflih zu graben ; einzelne wohnen die größte Zeit ihres Lebens im Waſſer (Nectes) ja gleich Laubfröſchen auf den Bäumen (Nectophryne); eine Gattung, die Naſenkröte iſ ein Termitenfreſſer und in Leibesbau und Lebensweiſe vielen Engmäulern ähnlich.

Sie bewohnen alle Erdteile, die warmen Gegenden, wie erklärlih, zahlreicher als die kälteren, halten ſih großenteils nur während ihrer Laichzeit im Waſſer auf und ſind vollendete Nachttiere, die am Tage ſih bloß ausnahmsweiſe außerhalb ihres Schlupfwinels umhertreiben. Jn ihren Bewegungen ſtehen ſie den Fröſchen und Krötenfröſchen nac) ; denn ſie humpeln mehr als ſie hüpfen, ſhwimmen ſ<le<t und erſcheinen deshalb ſ{<werfällig Und träge, obgleih ſie, ſtreng genommen, weder das eine noh das andere ſind. Jhre Nahrung beſteht in Ungeziefer der verſchiedenſten Art, insbeſondere in Würmern, Schne>en, Kerfen und kleinen Wirbeltieren; leßtere werden übrigens nur von den größten Arten verzehrt. Der Verbrau<h an Nahrungsſtoffen iſ beträchtli<h und die Thätigkeit dieſer geſ<mähten Tiere deshalb für uns höchſt erſprießli<h. Jn der Art und Weiſe der Begattung und in der Entwickelung der Jungen kommen ſie im weſentlihen mit den Ordnungsverwandten überein; doh gehen die Eier bei den meiſten niht in Klumpen, ſondern in Schnüren ab, die von dem Männchen ſtü>weiſe befruchtet werden.

Wie andere Lurche, können auh die Kröten Feuchtigkeit ohne Schaden für ihr Leben nicht lange entbehren, in feu<hten Räumen aber ſelbſt bei dürftiger Nahrung Monate und Jahre aushalten. Wiederholt iſt es vorgekommen, daß man in Höhlungen, die anſcheinend feinen Zugang hatten, lebende Kröten gefunden hat, und dieſe Funde ſind Veranlaſſung zu allerlei Fabelei, aber au< Veranlaſſung zu Verſuchen geworden, deren Ergebnis immerhin als ein unerwartetes angeſehen werden darf. Fm November 1825 ließ Bu>land zu Oxford in einen großen Blo>k von grobem, durchläſſigem Kalkſtein 12 runde Zellen von 13 ecm Durchmeſſer und 1 m Tiefe bohren und jede von dieſen mit einem kreisförmigen Falze verſehen, in den eine Glasſcheibe und eine zum Schuße für das Glas beſtimmte Schieferſcheibe paßte; die Ränder dieſes doppelten De>els wurden mit Thon überſtrichen und ſo ein lufſt- und waſſerdichter Verſchluß hergeſtellt. Fn einem anderen Blo>ke von dihtem Sandſteine höhlte man ebenfalls 12, jedo<h etwas kleinere Zellen von nur 15 cm Tiefe aus und brachte an ihnen denſelben Verſchluß an. Die Glasde>el hatten den Zwed>, eine Beſichtigung der Tiere zu geſtatten, ohne daß ihnen Luft und Nahrung zukommen konnte. Am 24. November nun wurde in jede der 24 Zellen eine lebende Kröte geſeßt und ſodann der Verſchluß befeſtigt; hierauf grub man beide Blöke 1 m tief in die Erde ein, bede>te ſie und unterſuchte ſie am 10. Dezember des folgenden Fahres zum erſten Male. Jn den kleineren Zellen des ſehr dihten Sandſteines waren alle Kröten tot, zumeiſt auch bereits ſo verweſt, daß man auf ihren {hon vor Monaten erfolgten Tod ſchließen mußte; in den Zellen des groben Kalkſteines hingegen lebten die meiſten Gefangenen no, und während einzelne an Gewicht verloren hatten, beobachtete man bei einer ſogar eine Zunahme an Gewicht. Der Glasde>el der Zelle dieſer Kröte war ein wenig geſprungen, die Möglichkeit, daß kleine Kerfe eindringen konnten, alſo keine8wegs ausgeſchloſſen. Solche Kerſe fand man in der Zelle niht, wohl aber in einer anderen, deren Glasde>el zerbrochen, deren Jnhaber jedoch tot war. Nah 18 Monaten waren alle Kröten ihrer Haſt erlegen, die in dem Kalkſteine eingeſchloſſenen ſo gut wie die im Sandſteine eingekerkerten.