Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6
4 Schwertſ<hwänze.
Glieder der Bauchſeite und ihren Gebrauch zu beobachten. Obgleich die Mundöffnung der Krebſe niht am Vorderende zu finden iſ, ſo iſt ſie im allgemeinen hier no< weiter als gewöhnli< davon entfernt, umgeben von ſe<s Paar mit Scheren endigenden Gliedmaßen. Das vorderſte Paar, das kleinſte, ſteht ganz vor dem Munde und dürfte den Fühlhörnern entſprechen. Die darauf folgenden drei Paare, durchaus den Scherenbeinen der Zehnfüßer gleichend, zeichnen ſih dur< ein abgerundetes, mit vielen kleinen Dornen beſeßtes Hüſtglied aus, mit welchem das ſonderbare Weſen kaut. Abweichend iſt dieſes Grundglied der beiden folgenden Gliedmaßen gebaut, während die übrigen jenen vorderen gleichen.
Ebenfalls noch auf der Unterſeite des großen halbmondförmigen Schildes iſt der große Deel befeſtigt, welcher ſih über die fünf Paar platten, als Ruder und Kiemen ihre Dienſte leiſtenden Gliedmaßen des Hinterleibes legt. Der Schwanzſtachel, an deſſen Grunde fich die Öffnung des Darmkanals findet, iſ bei den das Ei verlaſſenden Jungen noh niht vorhanden, ebenſo niht die hinteren Shwimmfüße. Die Jungen haben jedo< im übrigen ſhon das ganze Gepräge ihrer Eltern, erinnern aber auch lebhaft an die vorweltlichen, längſt untergegangenen Trilobiten.
Die geographiſche Verbreitung der wenigen Artformen der heutigen Gattung Limulus iſt ohne ein Zurückgreifen in die vergangenen geologiſchen Perioden unverſtändlich. Die eine, Limulus polyphemus, lebt an den flachen Ufern von Florida, Carolina und der Antillen; die anderen an den Fla<hküſten der Molukken, Chinas, Japans und Kaliforniens. Eine Auswanderung von dem einen nah dem anderen Verbreitungsbezirk mit entſprechender Naſſen- oder Artbildung iſ wegen der Tiefe der trennenden Meere ausgeſchloſſen, an eine Spezialſhöpfung hier und dort kann ein vernünftiger Menſh niht denken. Die Limulus des Atlantiſchen und Pacifiſhen Dzeans müſſen alſo mindeſtens ſo lange getrennt ſein, als die Landenge von Panamá ſi<h als trennender Wall zwiſchen beiden Meerén erhoben hat, das heißt ſeit dem Beginn der Tertiärperiode. Man findet aber {hon in den Schichten einer no< weit älteren Zeit, in den juraſſiſhen Schiefern von Solnhofen, die erſten Neſte von limulusartigen Tieren. Die Seltenheit derſelben und den gänzlichen Mangel in allen ſpäteren Schichten hat man ſi<h aus der Lebensweiſe unſerer Limulus zu erïlären, da jedenfalls auh die untergegangenen und ſpurlos verſhwundenen Arten Bewohner ſandiger Küſten waren. Die Reſte ſolcher Tiere erhalten ſi<h nur ausnahmsweiſe; ſie werden von Atmoſphäre und Wellen zerſtört, während die in die Tiefe verſinkenden im Schlamm eingebettet und für die Wißbegierde des Menſchen erhalten wurden.
Die ſtumpfſinnigen trägen Tiere bewohnen in geringer Tiefe den ſ{<hlammigen Meeresboden, über welchen ſie langſam dahin kriechen, und ernähren ſih von tieriſcher Koſt, beſonders von Ringelwürmern (Nereiden). Gegen direktes Sonnenlicht ſind ſie äußerſt empfindli<h und ſterben nach kurzer Zeit, wenn ſie demſelben ausgeſeßt ſind, während ſie an einem kühlen, ſchattigen Orte ganz gut mehrere Tage außerhalb des Waſſers leben können.
Ein bemerkenswerter Unterſchied findet zwiſchen den Schwertſhwänzen des Fndiſchen und Stillen Ozeans einer- und denen des Atlantiſchen anderſeits betreffs der Brutpflege ſtatt. Bei jenen tragen die Weibchen die Eier mit ſi<h herum, bei dieſen legen ſie dieſelben in den Schlamm.
Dieſe Tiere werden in Japan und Oſtindien, wo ſie namentli<h in Batavia unter dem Namen „Mimie“ in- großen Mengen auf den Markt kommen, hauptſächlih ihrer Leber und Eier wegen gern gegeſſen. Die Urbewohner der atlantiſhen Küſte Nordamerikas verwendeten die ſcharfen Shwanzenden der Xiphuren zu Pfeilſpißen.