Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

Sandforaminiferen, — Kapſeltierchen. 699

Die verſchiedenen Formen ſind entweder ganz frei, oder mit dem einen Ende oder aber mit einer ihrer Flachſeiten angewachſen.

Manche bauen ſi< Gehäuſe, denen wohl meiſt eine organiſche Maſſe, Hornſubſtanz, Chitin, wenn man will, zu Grunde liegt, aus feinem Sande, andere hauptſächlih aus Spongiennadeln. Dieſe Gehäuſe ſind von ſehr verſchiedener Konſiſtenz, einige ſteinhart zuſammengeſrittet, andere ſind zerreiblich, die dritten, bei denen wie bei Saganella die Hornſubſtanz überwiegt, ſind biegſam. Bei gewiſſen Formen iſt das Protoplasma ganz von Fremdkörpern erfüllt, es durchſpinnt gewiſſermaßen den umgebenden Meeresboden. Die Abbildungen auf S. 698 mögen einen Begriff von dieſen Sandforaminiferen geben.

Man hat wohl angenommen, daß verſchiedene Arten wirklich verſchiedenes Material zu der Verſtärkung ihres Skelettes verwenden und man hat ja nah der Art des Materials auch die Arten unterſcheiden wollen. Das ſcheint doh ſehr gewagt. Es iſt viel wahrſcheinlicher, daß das Nächſtliegende benußt wird: auf Globigerinenſchli> Bruchſtück von den Schalen anderer Foraminiferen, auf Korallenſand Korallenbrökchen, auf dem roten Thone Spongiennadeln und Radiolarien 2. Die Syſtematik, der Wert der Gattungen und Arten, die uns H. B. Brady in ſeiner ſonſt vorzüglichen Bearbeitung des vom „Challenger“ mit heimgebrahten Materials an Sandforaminiferen gibt, ſcheinen ſtellenweiſe do< etwas problematiſh und dürſte doh wohl nur als einen Notbehelf bildend aufgefaßt werden. Die Quantität und Qualität der bei der Gehäuſebildung zur Verwendung gefommenen Fremdkörper geben keine genügenden Charaktere, um dana< Arten aufzuſtellen, ſo wenig wie die allgemeine Geſtalt. Ft der Begriff Art doch ſelbſt bei den kalkſchaligen Formen der Foraminiferen ein äußerſt ſhwankender und willkürlicher.

Vierte Dvdonung. Die Amöben (L0b08aW).

Die ſchon ſeit Mitte des vorigen Jahrhunderts (Nöſel von Noſenhof) bekannten Amöben ſind teils beſchalt, teils na>t, und da jene die höher ſtehenden ſind, wollen wir unſere Betrachtung mit ihnen beginnen.

Wer nicht Gelegenheit hat, ſi< das wunderbare Spiel des Pſeudopodienneges einer Gromie (vgl. S. 684) zeigen zu laſſen, findet leiter einen mit dem Mikroſkop vertrauten Freund, der ihm ein verwandtes Weſen des ſüßen Waſſers, das Kapſeltierhen (À rcella), zeigt. Jm ausgebildeten Zuſtande iſt es von einer braunen, undurchſichtigen Schale umgeben, mit aewölbter Rükenſeite und einer eingedrücten, aber mit mittlerer kreisförmiger Mündung verſehenen Bauchſeite. Das Ganze gleicht einem zierlihen Döshen. Aus der Mündung tritt ein Teil des Weichkörpers in kurzen, veränderlichen Fortſäßen hervor. Dieſer Weichkörper hat den Wert einer Zelle, indem er immer einen Kern mit Kernförperhen enthält, während das Gehäuſe der Zellhaut entſpriht. Junge Exemplare ſind duréſichtig, ſo daß man die beweglihen Protoplasmakörper gut beobachten kann. Man ſieht alsdann auch, daß das Gehäuſe erſt na< und nach aus einer gleihförmigen Grund: lage in den Zuſtand übergeht, wo es aus lauter einzelnen braunen Körnchen oder Facetten zu beſtehen ſcheint.

Derſelbe Phyſiolog, den wix oben (S. 677) von gewiſſen Vorkommniſſen auf ein ſehr entwideltes Seelenleben der Fnfuſorien ſchließen hörten, iſt auch geneigt, unſerem