Charakterologie

Die Kretijchmerjhe Typenlehre 87

glaubt, dai die jcheinbar gänzlidy „irren“ Reden nur für uns feinen Sinnzufammenhang haben, weil wir die Bedeutung der vielen Symbole und Dednamen für eigene Erlebnijfe nicht verjtehen — dab ihnen aber ein echter Sinn zugrundeliegt, der in vielen Sällen aufgededt werden fonnte.) Die affeftive Derblödung kann marimale Grade erreichen. Der Krante vertiert, muß gefüttert werden, läßt den Stuhl unter ich, ijt abjolut unbeeinflußbar und muß bis zu jeinem Tode in Anjtalten eingejchlojfen werden. Die häufige Wahnbildung mit ihrer Unüberjehbarfeit der Motivzujammenhänge läßt in vielen Sällen das Tun der Kranfen für die Umwelt jehr gefährlich werden. Niemand fann jagen, wer in ihrer autijtijch abgejpaltenen Welt Steund ijt oder Seind, den jie zu bejeitigen trachten. Wirklichkeit und innerweltliches „Bild“ Haffen radifal auseinander.

Mit einer jolhen Schilderung ilt wohlgemerkt nur die Erjchyeinungs= weije der Krankheit bejchrieben, nicht aber ijt das eigentlih „Kranfe“ als jolhes damit jehon abgegrenzt. Es könnte, wie jhon gejagt, jo liegen, daß die Deränderung der Pjyche eine weitgehend atıdere ilt, als das äußere Bild zeigt. Denn diejes fommt zujtande aus den beiden Saftoren: Deränderung des „Empfanges der Welt“ und Reaktion darauf. Es wäre aljo orundfätlich denkbar, dag in der Schizophrenie nur der Empfang der Welt gejtört ift, daß aber auf diefe veränderte Welt jo reagiert wird, wie aud) der Normale es tun würde. Karl Schneider!) hat verjudht, die Deränderung der Aufnahme der Welt und die Reaktion darauf in diejem Sinne getrennt zu analyjieren.

Es jtedt bier ein tiefes Problem, das weit über die jpezielle pjychiatriidhe Theorie hinaus für die Charafterologie von Bedeutung ijt. Die Beziehung zwifchen Seele als „Inftrument“ und dem perjonalen „Ich“, das fich diefes Inftrumentes „bedient“, ilt zwar bejtimmt nicht jo Zlar abzugrenzen, daß man es etwa ver= aleichen fönnte mit einem Ajttonom, der eine an fich richtige Rechnung mit einem falihen Injtrument anftellt. Aber die grundfäßliche Stage ijt durchaus berechtigt, wieweit unjere „Seele” nodhmals abtrennbar ijt vom Ich — die Gegenüberftellung aud) in unjerem Innern jelbjt it Sattum, nur das nähere Wie ijt höchjt problematifh. Wir jagten bereits, daß erjt die Beantwortung diefer Stage (wir find weit davon entfernt) die methodijche Stage rejtlos klären würde, wieweit Kretihmer überhaupt vom Kranfen aufs Gefunde „überträgt" — wieweit die Struttur, die er bejchreibt, vielleiht gerade dem normalen Ic angehört und fi nur gegenüber der fritijhen Situation des gejtörten Weltempfanges zufpißt. Die Beantwortung diefer Stage wird aber fiher nicdyt mit einfahem Ja oder Nein erfolgen fönnen. Wenn fich auch die „Seele“ als gleihjam nädıiter

1) Die Piychologie der Schizophrenen. Leipzig 1950.