Charakterologie

Die Kretihmerjhe Typenlehre 123

linigfeit des Charakters wird zu Pedanterie und Dummheit, wenn nicht die Sähigfeit hinzufommt, da, wo es im Intereffe höherer Geradlinigfeit liegt, den „Umweg“ als Mittel elajtijch begehen zu fönnen. Wir Tönnen nicht Ariftofratie als echtes Königtum im Menjchen ausbilden, wenn nicht zur Diftanz gegenüber dem Art-Ungleichen der jtarfe Kontakt zur Gemeinjchaft des Art-Gleihen hinzufommt. Und in der Kunjt und überall wird der „Sormmenjch“ niemals eine hohe Sorm entwideln fönnen, wenn fie nicht gefüllt ijt mit Sarbe und Reichtum der Wirklichkeit. Und darum ijt es die menjchliche Aufgabe, fich joweit wie möglicy auszuprägen zu „Harem“ Typ, immer aber jo, daß die alternative Zujpigung zu einem fonträr entgegengejesten Typ unmöglich wird. Oder, zu einem Scherz formuliert: „Präge dein Wejen zum flaren Typ aus, aber jo, daß du in feines der charakterologijhen Typenjyiteme hineinpaßt.“

Dieje Aufgabe ift wahrjcheinlich unerfüllbar. An irgendeinem Punit erlahmt unfere Spanntraft, immer weiter zwijchen zwei Polen zu wadjjen. Dann neigen wir uns zu einem der beiden Pole hin, „landen“, ermüdet von der durchgehaltenen Spannung, in irgendeiner der „end-gültigen“ Geftalten — unjere jhöpferijch-freie Entwidlung damit notwendig einengend. Und diejer harakterethiihen Sorderung entjpricht die Grenze der Ertenntnisfraft aller Typologien: Wir fönnen mit Typen das Pojitive des Charakters immer nur von der an fi negativen Zujpikung her erfajfen, richtiger: „um=falfen“. Denn nur da haben wir die für alle Begriffsbildung unerläßliche Ausjchliegung der Gegenbegriffe.

Bei diejer Auffafjung gewinnt audy der Ausgang vom Kranfen eine neue Bedeutung. Der Typ ijt in der Krankheit am reinjten ausgeprägt. Was jchon an fich nahelegt, die flare Ausprägung zu einem der beiden Typen entwidlungsmäßig negativ zu bewerten (mit den gemadjten Ein= ihränfungen bezüglich des Charafterniveaus).!)

Der Streit, ob Kretjchmer Iettlich nicht doch nur Kranfheitstypen auf-

1) Dielleiht würde eine Unterfuchung über die erbmäßige Gejundheit der „reinen“ Typen hier manches Aufichlukreihe bringen. Handelt es jich bei ihnen tatfählih um Endftadien der Sormentwidlung, jo würde in den Hadfommen mögliherweife ein biologijhes Manto nadgewiejen werden fönnen. (Dielleicht beim Schizothbymen mehr als beim Zyflothymen, weil der Schizothyme in allem nochmals der „ausgeprägtere” Typ ift, was übrigens abermals die einfache Gegen= jäßlichteit fraglich mat.) Würde fid) dies nicht zeigen, jo bliebe allerdings nod) die Auslegung offen, daß die Derfejtigung nicht in der Erbmajje, jondern nur im Einzelindividouum ftattgefunden hat.