Charakterologie

Die Typologie der Brüder Walter und Eric Richard Jaenjc 127

itand da war, empfing er einen Sinneseindrud von ihm, etwa wie wenn er ihm in einem „Nadhbild“ gegeben wäre.

Ein jolcher Menjh wird Eidetiter!) genannt. Dem Erwacdjenen, der normalerweije Nicht-Eidetifer ijt, wird es niemals gelingen, fein nur vor= geitelltes Bild zu etwas Objektiven, draußen im Raum Erjcheinendem um= zuwandeln.

Die Bilder, die ein Eidetifer fieht, nennt W. Jaenihy Anjhauungss bilder (abgekürzt AB.) im Gegenja zu den Nachbildern (abgefürzt NB.), die jeder fieht, und im Unterjchied von den nicht jinnlichen Dorjtellungsbildern (= geijtige Erinnerung bzw. Phantafie) (abgefürzt DB.).

Die eidetilche Sähigeit ijt bei Kindern häufig, und wenn man die weniger ausgeprägten und rudimentären Sälle hinzunimmt, nad Jaenjd) jogar die Regel. AB. gibt es auf allen Sinnesgebieten: alfo aud) jolche afuftiicher und taftiler Art. Die afuftiihen find aber etwa zehnmal jeltener als die optijchen und taftilen.

(Interejjant die Theorie Hennings, der den Gerudsjinn eingehend jtudierte, daß im Riechen alle Menjhhen Eidetifer jind; das heißt: Gerüche fönnen wir überhaupt nur „haben“, fonfret, Teibhaftig, nicht uns vor= itellen. Sie lajjen die Überführung aus dem finnlich-Konfreten in das abjtratt-Gedahhte nit zu: entweder man hat einen Geruch gar nicht, oder man hat ihn jinnli” wahrnehmbar, eidetijch.?)

Auf diejer jcheinbar ganz jpeziellen Eigenart baut jid) nun eine der weitejtgreifenden und wichtigjten Typologien der modernen Charafterologie auf.

1) eidos = Bild.

2) Da& gerade Kinder zur Eidetit veranlagt find, jtimmt gut zu fonftigen Be= obadhıtungen an Kindern. Man jpricht häufig von einem finölichen „Konfretismus“, und Th. Ziehen hat jchon dieje Einjtellung des Kindes auf vorwiegend finnliche Gegebenheit belegt. (Die IJdeenafjoziation des Kindes.1.-2. TI. Berl.1898 u.1900.) Die Abftraftionstendenz und Abjtraftionsfähigfeit ijt bei Erwadjenen ungleich größer. Sie verdrängt die eidetijche Anlage, die übrigens aud; in der Entwidlung der Menichen („phylogenetijch”) die frühere Stufe ift.— Wir haben aljo bei eidetiihen Erwahjenen wahrjheinlih ein gewiljes Beharren einer Jugendeigen= tümlichfeit vor uns, was man auch auf anderen Gebieten gelegentlich beobachtet. Das entwidlungsgefhichtlih Entjcheidende des Künftlers wird 3.B. oft als eine Erhaltung der Jugendlichkeit im Gejamttyp aufgefaßt, was bis ins Körperliche hinein zu verfolgen ijt. Zur Rolle der Eidetit im Kunftichaffen vgl. ©.Kroh, Eidetifer unter deutihen Dichtern. (Zeiticht. f. Pfychiattie Bd. 85, 1920) und K. Groos, Über die Derwendung der Eidetif als Kunftmittel in Jad Zondons Roman „Martin Eden“ (Zeitichr. f. Piychiatrie Bd. 33, 1929).