Charakterologie

150 Die Bedeutung der Rajjelehre

der Andern. Praftijc) bedarf es einer großen Spannungsweite, damit nicht aus dem Derjtändnis für das Sremde eine ungejunde Aufloderung der Solidarijierung mit dem Eigenen wird, und damit umgekehrt die unbedingte Solidarijierung nicht den gerechten Blid für das fremde Leben einengt.

Die Natur hat zwar in jeltenen Sällen auf die gefährlichen Rafjemifhungen auh „Prämien“ gejett. Man fommt nicht um die Tatjahe herum, dab überhaupt mande Hödjitleijtungen (feineswegs alle!) an der äußeriten Grenze zwijchen Gefunden und Entartetem erzeugt werden. Auf dieje vereinzelten „Treffer” im Spiel der Mifchungen Tann aber eine Dolfserziehung natürlich nicht ausgehen. Die Hatur läßt ji) diejes Rejernat aud) jowiejo nicht nehmen, denn immer nur ein Ausjchnitt von ihr ijt in pädagogijchen Syitemen erfaßbar.

Damit wäre in großen Umtrijjen zugleid) die außerordentliche praftijche Bedeutung der Rajjelehre gefennzeichnet. Die Gejchichte der Dölfer, damit die Gejchichte ihrer Kulturen, damit die Entwidlungsmöglicdhkeiten der Mmöividuen in den Dölfern, — das ijt das praftiiche Sundament, auf dem nun die Rajjeforihung mit den Mitteln der objektiven Wijjenjchaft aufbaut.

Wie fügt jich dies in den Rahmen der übrigen Typologien?

Man muß fajt fagen, es jprengt ihn. (Wie es damit aud) den Rahmen diejes Buches |prengt, und darum hier nur in ganz großen Zügen in jeiner Bedeutung umtijfen werden fann.) — Man fönnte vielleicht drei Stufen von Typologien aufjtellen: Die erjte begnügt jidy damit, überhaupt aus irgendwelden jpeziellen oder allgemeinen Perjpeftiven heraus flare Gejtaltbilder des Charakters aufzujtellen. Dahin gehört die Alltagscharafterologie mit ihren fonträr aufgebauten fragmentarijchen Typenbildern — und die wiljenjhaftliche, joweit fie dieje einzelnen Typengegenjäte genauer unterjucht und in Beziehung zueinander jet.

Die zweite Stufe wird von denjenigen Typologien gebildet, die neben der Klarheit der Charaktergeitalt noch im Körperbau eine Gegenjicherung gegen das jubjeftive Moment der Perjpeftiven aufweijen. Aljo etwa die Konititutionstypologien Kretjchmers und Jaenjdhs.

Und die dritte Stufe nun wird von den Raffetypologien dargeitellt, deren Sundament im Realen fi} abermals erweitert: neben die Körpermerfmale tritt die hiftorijche Einheit, der Lebenszujammenjhluß von Millionen „itilgleicher“ Individuen. („Stil“ immer in dem jehr tiefen Sinne, der alle einzelmen Stile: perjönlichen wie gemeinjhaftlihen Lebensitil, Kulturftil, Kunftitil, politijchen, religiöjen Stil ujw. umfaßt.)

Bei den Rajjetypen haben wir mithin eine Realität vor uns, die unbefümmert um alle Perjpeftiven durch Jahrhunderte hindurch ihren Gang