Charakterologie

156 Die Gejdlechtertypen

V. Die Gefhlehtertypen.

Am Problem der Gejchlechtertypen hat die mangelnde Scheidung von Typenbegriffen und jolchen, die eine mit jich identiihe Sache grenzhaft umteißen (von uns „Orenzbegriffe” genannt), bereits zu einer jolchen Derwirrung geführt, daß jich von hier aus vielleicht am ehejten die Einficht in die gänzliche Derjchiedenartigfeit diefer beiden Begriffsarten verbreiten wird.

Daß lange nicht jeder Mann ein „Mann“ ijt, nicht jede Stau eine „Stau“, ijt ein Sat, der jchon heute nicht mehr parador wirft. Mit Recht, denn was mit dem erjten Worte „Mann“ (bzw. „Weib“) gemeint ift, iit etwas anderes, als was mit dem zweiten gemeint ijt. Das erjte „Mann“ meint etwas, das durch beitimmte Merimale definitiv gegeben ift und nicht noch weiter ge= iteigert werden fanrı. Das zweite Wort „Mann“ (bzw. „Weib”) meint den Typenbegtiff. Es meint nicht einen aus der wirflihen Beobadhtung mög= lichjt vieler Männer zu erjehenden gemeinjamen Merfmalsbejtand, jondern „vas” Männliche, „das“ Weibliche. (In der Philojophie nennt man es das „WDejen“ des Männlichen und Weiblichen, — und eine Klärung des Typen= begriffs würde wahrjcheinlih audy in das philojophiihe Problem der „WDejenheit“ und ihrer „Erjhauung” viel Klarheit bringen.)!) Der zweite Begriff meint einen Gejtalttyp, der den einen Pol einer ganz bejtimmten Dimenjion daritellt. Gegenpol ijt zunädjjt und vor allem das „Unmännliche”, das mit dem „Weiblichen” ganz und gar nicht identijch ilt. Entiprechend hat das typijch Weibliche das Unweibliche zu jeinem Gegenpol. Die dauernden Derwedjjlungen diejer Typenbegriffe „männlich“ und „weiblicy” mit den ganz anderen Begriffen der wirklichen Männer und wirklihen Srauen hat das Problem der Gejchlehtertypen bis heute zu einem der unerfteulichiten gemadt. Auf der einen Seite verjucht man, aus den beliebigjten Erlebnis= perjpeftiven heraus, zu bejtimmen, was typijcy männlich und weiblid) jei, — auf der andern Seite verfucht man, in möglichjt zahlreichen Unterjuchuns gen an realen Individuen eine jtatiltiiche Mehrheit von Eigenihaften zu finden: ein Unternehmen, das zwar „wiljenjchaftlich“ ijt, aber völlig an der Stage vorbeijieht. Bei jolher Sachlage ift es heute nur möglich, in furzen Thejen zu zeigen, was geklärt werden muß, ehe eine eigentliche Unterfuchung überhaupt beginnen fann.

1. Zur experimentellen Sejtitellung: Da von 1000 männlichen Derjucdhs= perjonen feineswegs die zahlenmähkige Mehrheit das typijh Männliche auf-

1) Siehe dazu meine Arbeit „Seele als Äußerung“. Leipzig 1936. Seite 10.