Charakterologie

Einzelne auffallende Charaftereriheinungen ohne Syjten 169

die Cebensfhußtriebe entjheidend wichtig. Bei jtarfen Erlebnifjen führt eine disharmoniihe Lagerung diejer Triebjchicht gleichfalls zu den ver= ichiedeniten Arten von Störungen (Unfall- und Kriegsneurojen; jhwädere Sorm: die Hypochondrien). Wenn die Triebiphären durch längere Zeit gereizt find, bildet fich leicht eine Dispofition zu Schred= und Angjterlebnifjen aus, die nicht dem tatjädhlihen Ereignis angemejjen find, jondern aus eben diefer bejonderen Derfajjung der Triebihichten ihre „Rejonanzverjtärfung“ erfahren (3. B. die häufige Nadhtangjt im Pubertätsalter, die Schredhaftigfeit vieler in jtarfer Triebfpannung lebender Perjonen).

e) Pathologijhe Charafterreafttionen auf Ijo lierung.

Kretichmer faßt als eine bejondere Gruppe die Reaktionen auf Ijo=lierung des Individuums zufammen. Und da wir Charatter jtets als in unlöslihem Zujammenhang mit der Welt anjehen, auf die hin er ich erit zu fich jelbit gejtaltet, jo ijt es ohne weiteres verjtändlich, daß „Jos lierung” jtets eine „Krijis“ im Leben des Charafters bedeutet.

Zuerit it das Heimweh zu nennen. Neben den leihten Sormen, wie wir fie bei Jugendlichen jehr oft finden und die, wenn jonit eine qute jeelijche Konititution vorliegt, meijt jchnell vorübergeben durch Neuhinwendung auf die anfangs fremde Umgebung, finden jich auch jehr ernite Sälle; jo bejonders häufig bei jungen Dienjtmäöcen, wo es zu den merfwürdigiten „Exrplofivreaftionen” fommt, aus denen heraus Branditiftungen und Kindermorde geihhehen. In einer Art Notwehr bahnt ji) die Spannung einen direften Aus= weg, der nicht mehr durch die fontrollierenden ethiihen Injtanzen oder dur) die Dernunft geht. Wenn das Haus, an das die Betreffende gefejjelt ilt, abgebrannt ijt, oder wenn die Kinder, zu deren Betreuung fie angeftellt wurde, nicht mehr leben, dann „bin idy frei" — jo lautet der furzichlußartige Gedanfe, der aber als „Gedanfe” gar nicht bewukt wird, und der nicht, wie beim normalen Menjchen, zu einer Umfetung in die Tat erit die Injtanzen der Dernunft und der ethilhen Erwägungen durchläuft.

Zu diefer wie zu allen Sormen der Jjolierungsteaftionen fann man wieder fruchtbar die Jaenjch’jche Typologie heranziehen. Man darf wohl annehmen, daß die Integrierten an jid) am ftärfjten unter Ijolierung leiden, da fie ja wejens= mäßig im Kontaft mit anderen leben; daß jie aber audy am elaftijchiten das heim= weh (und andere Jjolierungsteattionen) überwinden, wenn die Wirklichkeit zuläßt, daß fie neue Derbindungen herjtellen fönnen. Der Desintegrierte ruht mehr in jich jelbjt und verträgt längere Ifolierungen als der Integrierte. Anderer= jeits wird es ihm jcwerer, wenn die Jfolierung ihn zu einer Krifis bringt, fie durch neue Hinwendungen auf die fremde Umgebung wieder aufzuheben. Die