Charakterologie

188 Ludwig Klages

mübhungen deutjcher und außerdeutjcher Wifjenjchaftler, deren Zeijtungen in vielem die von Klages erreichen, in manchem fie weit überragen. Anderer= jeits wäre es ungerecht, die Urjachen zu verfennen, aus denen dieje Haltung erwucjs. Klages befand ji) in einem außerordentlichen Gegenjat nicht nur zur wiljenichaftlihen Speziallehre der damaligen Pjychologie, jondern zu den weltanjhaulichen Grundlagen überhaupt, auf denen fie rubte. Man ver= iteht Klages erjt aus jeiner religiössphilojophiihen Haltung, und wenn jolhe Erklärungen aud) gewiß nicht den Ton entjchuldigen, in dem er jeinen Kampf führte, jo lajjen fie doch manches als Schattenjeiten bedeutender Lichtjeiten verjtehbar werden (j. dazu aud) S. 198F.).

Das Klagesihe Werk läkt fich gliedern in:

1. den philojopbijhhen Kampf gegen den Geilt als „Widerjacher des Lebens“, mit einer damit verbundenen Theorie über die nähere Art, wie die lebendige Natur ihr Werk jchafft (feine „Bilder"theorie).

2. Die Charafterlehre im engeren Sinne, als den Derjud, ein Aufbau= yiten zu geben.

3. Die mit allem andern eng verbundene, aber heute jchon zu einer Sonderdilziplin angewadjjene Lehre vom Ausdrud, — die wiederum eine allgemeine und eine jpezielle Seite hat. Die jpezielle ijt vor allem durd) Klages’ grundlegendes Werk über die Graphologie vertreten, — die allgemeine duch feine, an Carus anfnüpfende Lehre von dem Ausdrudscharafter der Welt überhaupt, wohin aud) feine „Lehre von der Wirklichkeit der Bilder“ zu rechnen ilt.

Wir müjfen aus der philojophijchen Lehre wenigjtens die Antitheje „Leben — Geijt“ furz bejprechen, die die Grundlage wichtiger Teile jeiner Charafterologie bildet.

1. Das philofophifhe Derf. Die Antitheje „Leben — Geilt“.

Die Klagesjche Philojophie ijt beherricht von dem Grundgedanfen, dab Leben und Geijt Gegenfäte find, derart, daß der Geijt die „Krankheit“, der „Widerjacher“ des Lebens jei, wobei das Ic und das Wollen auf Seite diejer Tebenfeindlichen Tendenzen jteht. Was heißt dabei Geijt — und wie iteht er zum Ich und zum Willen?

Einer der grundlegenden Unterjchiede der philojophijchen und charatterologijhen Arbeiten von Klages ijt aus Niegjches Gegenüberjtellung des Dionyjiihen und Apolliniihen entnommen: der Gegenjas von Selbithingabe= und von Selbjtbehauptungstendenz. Beide fönnen mehr