Charakterologie

Das pbilojophijhe Wert 191

ein Seuer löjcht, fei von dem Seuer jelbjt hervorgebracht. In diejem Dergleich mit dem Anorganijchen, der von phyfifaliihen Subjtanzen handelt, ift diefer Gedante allerdings nicht voritellbar. Aber ein jolhes Modell identijcher Sunttionen von bejtimmten Subjtanzen (Seuer wärmt und brennt Wajfer löjcht und fühlt) genügt eben ganz und gar nicht, das Derhältnis jeelijher Sunftionen zueinander zu begreifen. Da herrjcht eine ganz andere Identitätsart, die es durchaus zuläkt, daß ein Lebewejen fi dem ent= gegenitellt, woraus es Ietten Endes fein Dajein und jeine Kraft bezieht (vgl. jpäter die Herausarbeitung des Begriffes der „Erzentrizität” bei Baeberlin, 5. 268f.).

Die Theje, dak eine bejtimmte geijt- und ichhafte Willensart Iebens= feindlich ift, wird niemand bejtreiten. Daß dieje Geijtart unverbunden mit dem wertvollen Geiit fein joll, jest ein dualijtiihes Weltbild voraus, dem man nicht wird zujtimmen fönnen, wenn man ji einmal wirflid vom falihen Modell des Anorganijchen losgemadht und die jonderbaren Wege aejehen hat, auf welchen die Natur in Spannung gegen jic jelbjt ihre Hödhitleiftungen hervorbringt. Goethe, gewohnt, immer zuerjt die Einheiten zu fehen, fam darum folgerichtig zu einem nicht=dualiftiihen Weltbild. Wie er den Tod einfügte in das Leben — als „Kunitgriff der Hatur, viel Leben zu haben“ —, jo liegt es durchaus in der Konjequenz joldyer Lebens= auffajlung, auch die „Tebensfeindlichen“ Tendenzen des Ichtriebes aufzufajjen als aus dem Lebensgrunde jelbjt erwadjjen.

Dafür jpricht vor allem die Tatjache, daß überall die Leijtungen der Natur in einer Spannung zwijhen Rijito und Chance hervor= gebradit werden. Die Chance des Menjchjeins ijt unlösbar mit dem Rififo verbunden, daß der dem Menjchen mitgegebene „Geilt“ (der ihm erit er= möglicht, fich über das Injtinftihema hinaus zu erhalten und weiterzu> bilden) nun auh) Mißbraud gegen die Natur treiben fan. Wie dem Menjhen durch den Geilt ermöglicht wird, ji) in all denjenigen Sällen von der Natur (Initinkt) Toszulöjen, in denen der Geijt bejjere und neue Wege zur Rettung und Sörderung des Lebens jieht, jo ijt dieje ungeheure biologiihe Chance notwendig damit verbunden, daß dieje Loslöjung nun auch gegen das Leben verwendet werden Tann. In diefem Salle „erfranft” das Leben dann tatjächlih am Geilte: aber das ijt nur die Rififojeite der pojitiven Leijtung des Geiltes. Den Geijt als ein Kind des Lebens anzus jehen, audy wo er entartet ijt und fi} gegen das Leben wendet, ijt ein Widerjprud) nur, wenn man in tomantijcher Weije die einheitliche Lebens= funttion aufteilt in „das“ Leben, das immer qut und ideal ijt und den böfen menjclicyen Geilt, der alles Elend in die Welt bringt.